Die AFL-Saison läuft bereits, doch bisher war von ‚AFL-Crush‘, dem vom ORF und AFBÖ finanzierten und produzierten TV-Magazin, nichts auf den heimischen Bildschirmen zu sehen. Dafür gibt es einen simplen Grund: Der ORF hat den Geldhahn zugedreht und damit gleichzeitig das Ende des Magazins auf den Sendeflächen des ORFs beschlossen. Am Küniglberg wird gespart und das trifft u.a. auch ‚Crush‘.

Während der AFBÖ, der das Magazin in den vergangenen zwei Jahren als sein mediales Flaggschiff ausgab, zur bislang ersatzlosen Einstellung schwieg, gibt Produzent Gregor Murth auf seinem Crush-Blog Antwort auf die Frage, ob das nun auch das Ende des Projekts ist.

Erleben wir gerade einen Tiefpunkt?
Die Einstellung von ‚Crush‘ auf ORF ist für Murth ein ‚Tiefpunkt der medialen Entwicklung‘, gleichzeitig auch ein Zeichen dafür, für wie wichtig der AFBÖ-Vize ’sein‘ Format hielt bzw. hält, denn: es habe noch eine Zukunft.

Wobei man das im Westen Österreichs subjektiv etwas anders sieht. Bei den Raiders spürt man gar wenig von medialer Krise. Sie legten bei ihrem (gratis) Web-TV noch ein Scherflein Qualität drauf und es hat den Anschein, als würde sie nur am Rande tangieren, was der ORF gerade tut oder in dem Fall halt unterlässt. Das mag in Innsbruck intern anders sein, nach außen zuckt man mit der kalten Schulter und ‚bestreamt‘ die große weite Welt via Raiders-TV.

Der ORF hat im Winter auch die NFL-Senderechte nicht mehr gewollt und – schwupp – hat diese sich PULS 4 gesichert. Mitnichten ein glücklicher Zufall. Will der ORF etwas was fix & fertig geliefert wird nicht, steht der nächste Sender schon ante portas.

Auch der Launch des Gratis Print Magazins ‚KICK OFF‚, welches im Dunstkreis des ehemaligen Sportwoche Chefs vom Dienst Dr. Manfred Schlitzer das Licht der Welt erblickte, ist nicht gerade ein Hinweis dafür, dass medial nichts weiter geht (Auflage immerhin 35.000 Stück), oder kein Geld da wäre. ‚KICK OFF‘ ist mit Werbung durch finanziert, nur hier kommen auch Aufwand und Nutzen auf einen Nenner.

Zu guter Letzt tauchen nun auch lokale Alles-in-einem-Erlediger Web-Plattformen auf, bieten zwischen Wien-Wetter, Stau-Kameras und Online-Bauernschnapsen auch ein bisserl Football-Videogucken von der Heiligen Warte an, garniert mit ‚So war es wirklich-Weblogs‘ von Aktiven. Das mag man mögen oder nicht, mediale Tiefpunkte (in dem Fall halt quantitative) schauen sicher anders aus. Es würde keinen mehr scheren was da geht, was eben nicht der Fall ist.

Eine Lanze brechen für den ORF
Man darf bei aller Liebhaberei die Fakten nicht außer Acht lassen. Unser Sport wird von uns selbst gerne wichtiger geredet als er das tatsächlich ist. Man liest von 6.500 Zuschauern am Tivoli und schreit: HA! Mehr als Wacker letztes Wochenende! Ach ja?  Abgesehen davon, dass man den Zahlen nicht ganz trauen darf, sollte man dabei nicht außer Acht lassen wie oft Football stattfindet und wie die Sache landesweit aussieht. Ein durchschnittliches AFL-Team hat 3,5 Heimspiele und 1.400 Zuschauer pro Spiel, also pro Team kommen wir auf nicht mehr als 5.000 Zuschauer pro Saison, wobei diese Zahlen ausschließlich von Wien, Graz und Innsbruck hoch gehalten werden. In Prag, Klagenfurt, Salzburg, St. Pölten, Korneuburg ist man bei den Zuschauerzahlen im dreistelligen Bereich zu Hause. Daraus lässt sich tatsächlich eine Verpflichtung dem ORF gegenüber konstruieren, ein wöchentliches Magazin zu etablieren? Wenn das so wäre, dann müsste der ORF sehr viele verschiedene Magazine in Zukunft produzieren. Alleine für Fußball vier bis sechs verschiedene.  
   
Plan B und C
Laut Murth gäbe es aber auch (für den Osten?) einen Plan B für ein Leben nach dem ORF, denn es werde intensiv mit anderen Sendern über eine Übernahme verhandelt. Noch heuer könnte Crush in möglicher Weise veränderter Form auf einem Privatsender im neuen Glanz erstrahlen.

Gemeint sind damit PULS 4, jener Sender eben, der dem ORF bereits die Übertragungsrechte der NFL weggeschnappt hat und Servus TV/Red Bull TV, eines der noch neueren Hobbys von Dietrich Mateschitz. Prinzipiell interessiert an einem solchen Magazin sind wahrscheinliche beide Sender, weniger interessant dürfte für das Duo die Übernahme eines Teils der Produktionskosten sein, denn Crush brachte am Ende des Tages den Machern weit mehr Kosten als Einnahmen, blieben auch die Seherzahlen stets in einem Bereich, wo sich mit Werbung nichts Vergleichbares finanzieren ließe. Hier floss Geld oben rein, welches unten niemals verdient wurde. Eben öffentliches, aus einem Geldhahn der den Privaten überhaupt noch versperrt oder nur schwer zugänglich ist.

Dahingehend will Murth sein Projekt auch in Richtung Webstreaming ausweiten. Anders als in Tirol denkt er dabei aber ein kostenpflichtiges Service für Fans. Eine Umfrage unter 271 Personen habe ihm Mut gemacht, gemeinsam mit einer FH geht man nun ans Werk, welches man 2011 dann präsentieren möchte. Die Sache hat (für den AFBÖ) nur einen Haken: Während ‚AFL Crush‘ als Magazin im öffentlich-rechtlichen Rundfunk darauf ausgelegt war die Fanbasis zu verbreitern, also neue Interessenten zu suchen und finden, wird ein Web-TV-Format ’nur‘ die bereits bestehende Fanbase befriedigen können und kaum neue Zuschauer gewinnen können. Die Zufälligkeit, mit der jemand über Inhalte stolpern und hängen bleiben könnte, ist im ORF halt um ein Vielfaches höher als im WWW.

Daher fehlt vor den Antworten eine weitere Frage: Wie mache ich den Sport so populär, dass ‚die Medien‘ vulgo ‚der ORF‘ von sich aus ein Interesse für ihn entwickelt/n?

Hier gibt es für den AFBÖ ein langes wie breites und noch unbestelltes Feld, welches er seit Jahrzehnten verwildern lässt. Die AFL an sich ist nach 25 Jahren weiter undefiniert, die Unterschiede in der lokalen Akzeptanz der Klubs so riesig, wie auch die sportliche Kluft halt jene Größe noch hat, die man in Runde 1 eben deutlich zu sehen bekam. Der Ist-Zustand ist auch: Spielpläne werden mit Beliebigkeit verändert, Statistiken gibt es mal, mal nicht, Medienarbeit findet statt oder nicht statt, Aufsteiger und Absteiger werden am Tisch evaluiert oder ebendort überzeugt und nicht ausgespielt, von 2010 auf 2011 soll sich erstmals in der Geschichte die Ligastruktur nicht (!) verändern, usw. usf. etc. pp.

Die Frage ist also: Was will man hier eigentlich herzeigen?
Man kann es derzeit nur erahnen. Die quasi Gretchenfrage mit der all diese Grundfragen simplifiziert werden ist dann stets die Mühsamste aller: Wo ist denn der Ligasponsor? Die man nur mit einer Gegenfrage beantworten kann: Wo ist denn die Liga zum Sponsor?

Diese gravierenden Basis-Probleme zu fixen, dafür Zeit, Manpower, Know-How aber auch Geld zu investieren, wäre wesentlich sinnvoller, als sich ein hauseigenes NFL-Network im Taschenformat für 271 zahlungswillige Fans zuzulegen. Viel mehr werden es derzeit nämlich von selbst nicht mehr werden.

Walter H. Reiterer ist Chefredakteur von Football-Austria.com
Sie erreichen Ihn unter reiterer@football-austria.com.

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