Die historische Euro Bowl Viertelfinal-Niederlage (drei Punkte erzielt) gegen Flash ist den Vikings auf ihrer Homepage drei ganze Sätze wert. Pro erzieltem Punkt einer. Dort widmet man sich, als gäbe es nichts Wichtigeres zur Zeit, der Preseason des Nachwuchses.

Jene ebenfalls historische Niederlage gegen die Dragons die Woche davor (die erste überhaupt auf der Warte), war dem Klub doch noch ein ganzer Artikel wert.

Zu beiden ‚Events‘ gab es allerdings keine Pressemeldungen, mit dem schnippischen Hinweis, dass man schließlich Besseres zu tun hätte. Ernst! ‚Hackelt’s was, ihr Journalisten!‘, sagte Alfred Neugebauer, der einzige Gewinner der Vikings am Sonntag, ersparte er sich doch einen Strip, welchen er – je nach Sichtweise – angedroht oder versprochen hatte im Falle eines Wikinger-Sieges. Ansonsten ist Neugebauer so schreibfaul nicht, wird Nellie von bösen Blähungen gequält – ‚wir Journalisten‘ erfahren das sofort. Glauben Sie mir!

Man verdrängt, was offensichtlich wird.
Der zu Beginn der Saison propagierte österreichische Weg, sieht sieben Spiele und fünf Niederlagen später so aus, dass ein US-Amerikanischer Head Coach einem französischen Offense Coordinator vorsteht, jener einem zum Runningback umfunktionierten US-Amerikanischen Linebacker, der auf beiden Seiten des Balles zum ‚waschechten Österreicher‘ getauft über ein Feld jagt, um bei first & goal einen mit der Situation hilflos überforderten 20-Jährigen drei mal ins Nirwana passen zu lassen.

Zwei Touchdown-Pässe und 107 Punkte in sieben Spielen. Sackgasse, Herrschaften!

Bzw. begeht man den ‚Austrian Way‘ erfolgreich anders. Die glänzenden Österreicher heißen halt Pröller, Schreiner, Kliman usw. Man findet in der ganzen AFL-Statistiken nirgendwo einen Vikings-Österreicher auf den vorderen Plätzen. Viel Lärm um nichts und ein unpassendes Etikette, das verspricht was der Inhalt nicht annähernd halten kann.

Nostrathomas
Thomas Smythe, der Trainer, der den Vikings eine Dynastie angedeihen ließ, sah das Spiel vom Sonntag und die anderen Auftritte davor schon lange kommen. Man kann zu Smythe stehen wie man will, er sagte den sportlichen Niedergang der Wikinger jedenfalls schon 2007 fast auf den Monat genau voraus. Das mag Zufall sein, kombiniert mit Glück beim Raten und gepaart mit seiner eigenen Enttäuschung, man könnte aber auch sagen, so wie er den Erfolg vorher berechnet hat mit ihm in einer Funktion, so sah er ihn mit Olson und später Calaycay schwinden. Smythe hielt von Olson wenig, von Calaycay noch viel weniger. Nur sorgten die beiden auch für seinen Abgang bei den Vikings, so gesehen es eher überraschen würde, hätte er eine hohe Meinung von den Herren. Trotzdem: der ‚Alte‘ bekam Recht.

Die Fans trösten sich derweil mit der guten Leistung der Defense. Nur wer tröstet die Defense?

Es ist das eine, einen Umbruch zu organisieren, die Linie zu halten, Rückgrat zu zeigen, dem rauen Wind zu trotzen. Was anderes ist es, schlechte Entscheidungen weiterhin als gute Ideen zu verkaufen. Nicht nur den anderen, auch sich selbst. Sei es aus Trotz, oder weil einem einfach auch gar nichts Besseres mehr einfällt.

Euro Bowl geht künftig an Wien vorbei
Denn das sind nicht die normalen Wehen und Vorkommnisse eines Wandels, wenn ein Spielmacher, der vor kurzem noch das ‚hundertprozentige Vertrauen‘ aller Entscheidungsträger genoss (Jobstmann), dieses ohne ersichtlichen Grund wieder verliert und seine Karriere mit 23 nun lieber beenden möchte. Hier spielt man sich mit der Treue aller Beitragszahler, die man mit Booster-Leiberln, 2-Euro-Heftchen und Anstecknadeln immerhin dazu bringen will ein entstandenes Budgetloch zu stopfen. Über die Notwendigkeit des Stopfens macht man sich dabei gar keine Gedanken – das ist einfach so. Dass andere AFL-Teams mit einem Bruchteil des Vikings-Budgets operieren (überleben und sogar prosperieren), ist gar kein violettes Thema. Fragt sich eigentlich jemand warum nicht?

Die Vikings haben viel mehr zu verlieren als diese Spiele. Zum Beispiel das Vertrauen ihrer Fans. Die reinen ‚party people‘ haben sich zu einem Teil bereits verzogen, weil als Verlierer ist das mit der Party natürlich kein so großer Spaß mehr, aber auf die kann man in harten Zeiten so oder so nicht zählen. Es rumort aber gerade auch an der Basis. Dafür verantwortlich auch – siehe oben – die eigenwillige Informationspolitik. Auch nach innen hin werden Dinge nicht klar auf den Tisch gelegt. Nicht allen Spielern war oder ist zum Beispiel bekannt, dass die Euro Bowl nicht nur für heuer, sondern höchstwahrscheinlich auch für das kommende Jahr (oder kommenden Jahre gar?) für sie und den Klub bereits beendet ist. Drei Länderspots hat Österreich, die gehen an die drei ersten nationalen ’seeds‘. Dazu gehören die Wikinger bitteschön nimmer mehr.

Der AFBÖ wird hier das letzte Wort haben, die Dragons wollen 2010 aber Euro Bowl spielen und der Verband wird sie – so weit greife ich dem vor – auch spielen lassen. Und die Vikings in den EFAF-Cup setzen. Und die spots der Raiders und Giants, die gehen sicher nicht mehr nach Wien.

Warum macht man das (nicht)?
Versäumnisse weil man – siehe oben – Besseres zu tun hat? Angst davor, dass Spieler nach der Saison aufhören/wechseln? Das wird so oder so passieren. Geschätzte 20 Spieler werden nach dem Jahr ihre Karrieren beenden oder die Jersey-Farbe tauschen. Damit war aber – egal wie es rennt – zu rechnen. Die 60 Mann die bei AFL-Spielen in der Team Area stehen, sind einfach zu viele. Man hat die Vikings 2 dazu gestellt und da bekommen einige nun Spielzeit, andere weiterhin keine. Das wird deshalb heuer viele stören, weil es keine Medaillen dafür geben wird. Denn wie soll dieses Team noch die Jubiläums-Austrian Bowl erreichen? Es geht da eher in eine ganz andere Richtung. In eine im wahrsten Sinne des Wortes Zwielichtige.

Die nächste Aufgabe heißt Carinthian Black Lions auswärts. Das wird, angesichts der Performance der Offense vom Sonntag, ein ganz steiniger Weg. Die Löwen riechen den von Spiel zu Spiel schwächer und daher für sie auch fetter werdenden Wiener Braten bereits. Danach wird man das letzte Heimspiel der Saison gegen die Giants bestreiten. Was gut sein könnte für die Vikings. Denn gewinnen die Grazer am kommenden Wochenende ein zweites Mal gegen die Raiders, dann haben sie in Wien nichts mehr zu gewinnen, aber dafür wichtige Spieler für die Playoffs zu verlieren. Die Vikings werden – egal wie die letzten beiden Spiele ausgehen – auswärts ein Wildcard Spiel bestreiten müssen. Und da ist nun gar nichts mehr fix ausgemacht.

Aber vielleicht ist bis dahin schon alles anders, denn Präsident Karl Wurm wird in der heutigen Ausgabe der Kronen Zeitung mit den folgenden Worten zitiert: ‚Ich bin ein Präsident, der den Coaches freie Hand lässt, mit Niederlagen wirklich kein Problem hat, aber diese Taktik müssen mir die Trainer erklären.‘

Ob die das auch können?

Fragt sich Ihr
Walter H. Reiterer

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