Bei den Vienna Knights konnte man in den vergangenen Jahren einen deutlichen Aufwärtstrend erkennen. Ein solides Nachwuchsprogramm und der Wiederaufstieg in die Division 1, in der man nun auch Fuß gefasst hat, bezeugen das. Seit Hany Razi dort Präsident und Headcoach in Personalunion ist geht es stets bergauf. Wohin führt der Weg die Knights 2012 und wie geht es weiter? Football-Austria sprach mit dem 30 Jahre jungen präsidialen Cheftrainer der Wiener Ritter.
FA: Wie kann man die Entwicklung des Teams der letzten Jahren umreißen?
Hany Razi: In den Anfangsjahren haben wir auf einen Mix aus ehemaligen Spielern von anderen Klubs und Neueinsteigern gesetzt. Das hat uns kurzfristig in die Division 1 gebracht, dann aber auch das Genick gebrochen, als die arrivierten Spieler nicht mehr gekommen sind. Aus den Jahren 2007 und 2008 haben wir unsere Lehren gezogen. Seither steigt die Quote der Eigenbauspieler ständig. Es ist zwar schön, wenn Spieler von anderen Teams zu einem stoßen, aber der Mix sollte stimmen. Die Hälfte der Leistungsträger, so wie es damals der Fall war, sollte nicht von anderen Teams kommen. Heute sind wir ein Verein, der sportlich auf eigenen Beinen steht. Das war sehr wichtig für unsere Entwicklung.
Weshalb wurde heuer ein Team 2 ins Leben gerufen?
Das hat drei Gründe. Wir haben Spieler die Backups im Team 1 sind, dort kaum Spielzeit bekommen, weil sie einfach zu wenig Spielpraxis haben. Hier beißt sich die Katze in den Schwanz. Diesen Spielern wollen wir Spielzeit geben und damit die Gelegenheit besser zu werden. Dann gibt es Junioren, die gar nicht Backups in der ersten Mannschaft sind, sondern nur 2nd String. Auch die können nun bei den Knights² vermehrt spielen. Hier war uns auch wichtig, dass alle potentiellen Spieler der ersten Mannschaft die gleichen Phasen über ein Spieljahr durchgehen. Athletik-Phase, Wettkampf-Phase und Regenerationsprozess. Und nicht, dass eine Hälfte des Gesamtkaders im Wettkampf und die andere Hälfte zur selben Zeit in der Vorbereitung steckt. Dafür fehlt es uns an den personellen Ressourcen. Wir möchten damit ein Programm für alle fahren. Das dritte Motiv ist, dass wir dort Coaches ausbilden. Trainer der ersten Mannschaft übernehmen in der zweiten andere Rollen und auch Spieler der Kampfmannschaft werden ins Coaching erstmals eingebracht. Da geht es um Verantwortung lehren und lernen und um Fortbildung. Das waren für uns drei gute Gründe für ein zweites Team, welches wir nun auch auf Basis eines größeren Gesamtkaders realisieren.
Wie bereitet sich das Team derzeit auf die Meisterschaft vor?
Die meiste Arbeit ist natürlich schon im Winter passiert. Wir gehen am Donnerstag mit 50 Leuten in ein viertägiges Camp. 44 Spieler und sechs Coaches. So groß war der Tross noch nie. Da wird es aber „nur“ mehr um Teambuilding gehen und es gibt uns die Gelegenheit konzentriert Theorie zu pauken, das Timing abzustimmen und uns den letzten Feinschliff zu verpassen.
2011 sah man zwar viele gute Spiele der Knights, aber doch viele knappe Niederlagen und das Playoff wurde versäumt. Welche Lehren hat man daraus ziehen können?
Eine der Lehren ist eben die Entwicklung eines zweiten Teams. Wir haben heuer mehr als in anderen Jahren mit Verletzungen zu kämpfen gehabt und mussten daher Backups einsetzen. Da haben wir erkannt, dass diese nicht die Qualität haben, um in der Division 1 zu bestehen. Wir betrachten es im Wesentlichen als Bringschuld des Vereins diese Spieler besser zu machen. Daher war es uns wichtig, dass diese Leute Spielzeit bekommen. Was wir weiters verändert haben, ist die Ausrichtung im Training in Richtung Athletik und Speed. Wir haben vor allem bei den Spielen gegen die Vikings Junioren gesehen, dass sie uns im Gamespeed überlegen sind. Das haben wir versucht zu verbessern.
Da verliert man aber auch gleichzeitig an Physis?
Nicht in jedem individuellen Fall, aber im Großen und Ganzen haben wir dann natürlich weniger Kilos auf der Waage. Nur: Size hurts, speed kills. Das was wir an Physis abgeben, wird durch Geschwindigkeit mehr als kompensiert. Ich hoffe, dass wir mit dem Speed nun näher dran sind.
Im Nachwuchsbereich hat sich viel getan. Die Junioren spielten sogar um den Titel mit. Was hat man hier getan?
Ein Vorteil ist heute, dass wir mehr Coaching Power als früher haben. Erste Spieler der Kampfmannschaft hören auf und wenn du diese an den Verein binden kannst, dann fließt deren Erfahrung in die Mannschaft ein. Es ist jetzt einfach eine breiterer Basis da. Das Jugendprogramm hat uns dabei auch sehr geholfen. Wir mussten bei den Junioren nicht mehr bei Adam und Eva anfangen. Noch dazu haben wir einen starken Jahrgang 2011 gehabt. Nicht vergessen darf man, dass Junioren Headcoach Christian Hauser auch die Jugend betreut und er sich zusammen mit Kurt Czaak auch als Trainerteam gesteigert haben. Wir haben Footballwissen aufgebaut und in Kombination mit den anderen Faktoren kamen dann gute Resultate zustande.
Hat man mit einem Finaleinzug mit den Junioren vorher gerechnet?
Nein. Wir haben gesagt, dass wir an den Giants wohl nicht vorbei kommen werden und eigentlich auch die Dragons stärker eingeschätzt. Die waren dann doch eine Überraschung für uns und das Team hat sich mit dem Gegner gesteigert. Das war sicher eines der besten Spiele eines Knights-Teams überhaupt. Danach sagten wir uns, wenn wir in der Lage sind die Dragons zu biegen, dann können wir auch die Black Lions schlagen. Und so kam es auch.
Trauert man dem Titel ein wenig nach? Das Finale war ja ein Thriller.
Natürlich war das Spiel knapp, aber da muss man einige Dinge doch noch berücksichtigen. Die Giants haben uns im Grunddurchgang geschlagen und gingen als großer Favorit in das Finale. Dann trafen sie in der College Bowl auf eine Team, welches sie zwar zuvor besiegt haben, nun aber massiven Widerstand leistet und einen sehr guten Gameplan für den Tag mit hatte. Die Grazer wurden nervös, es unterliefen ihnen Fehler und sie hatten in dem Spiel auch nicht gerade viel Glück. Sieht man sich das Gesamtbild an, dann muss man so fair sein und sagen, dass die Grazer völlig zurecht Meister geworden sind, auch wenn es am Ende dann wieder glücklich war. Insofern überwiegt die Freude über Silber der Trauer über Gold.
Jetzt findet man keinen einzigen Spieler der Knights im Junioren Nationalteam. Wie gibt es das?
Da gibt es ganz offensichtlich Probleme. Die Spieler sind vom Nationalteam enttäuscht.
Inwiefern enttäuscht?
Es herrschen oder zumindest herrschten dort unserer Auffassung nach nicht für alle Teilnehmer die gleichen Voraussetzungen. Schaut man sich das Sichtungscamp für die EM in Sevilla an, dann war das schon sehr schräg. Unsere Spieler sind im Anschluss eines Spiels gegen Tirol zum Tryout gekommen und aus ihrer Sicht schlicht übergangen worden. Was die Einteilung in Leistungsgruppen betrifft und auch die Beurteilung der individuellen Spielstärke, lief das nicht ganz fair ab. Und da meine ich nicht die Raiders oder Vikings, weil es ist für alle klar, dass die einen Großteil des Kaders stellen. Nur wir haben 2010 die Rangers und die Black Lions mit den Junioren zum Teil deutlich geschlagen. Wenn dann von diesen Teams Spieler in den Kader kommen, unsere aber nicht gut genug sind, dann führt das halt zu Frust und Unverständnis. Und auch ich verstehe es nicht, denn so gesehen war dann auch kein einziger Junior des Vizemeisters 2011 bei der EM 2011 dabei. Wir schlagen die Black Lions, wir schlagen die Dragons, wir halten ein Finale gegen Graz offen und sind mit keinem einzigen (!) Spieler im Nationalteam dabei. Da stimmt doch etwas nicht, oder? Das soll man mir mal erklären, wie das zustanden kommen kann, denn an uns hat es ganz sicher nicht gelegen, sondern alleine am Coaching Staff des Nationalteams, der hier keinen Bedarf an Spielern der Knights hatte. Daher ist heuer auch gar keiner mehr zum Tryout hingegangen, weil wozu noch? Da sind klare Zeichen gesetzt worden.
Das heißt man hat den Spielern davon abgeraten?
Das heißt, die Spieler haben von sich aus gesagt, dass es sie eigentlich nicht mehr interessiert. Ich werde sicher keinen dazu zwingen zu einem Tryout zu gehen, wo seine Chancen gegen Null tendieren, egal wie gut er ist. Die Sichtungstermine sind allen bekannt. Ob ein Spieler dort vorstellig werden will oder nicht, das ist ihm selbst überlassen. Ich gehe davon aus, dass die nächste Generation Junioren von uns wieder Lust darauf haben wird, die heutige ist aber verbittert und es ist auch klar, warum das so ist.
Welche sportlichen Ziele haben sich die Knights für 2012 gesetzt?
Wir wollen die Playoffs erreichen. Was überhaupt nicht einfach wird, denn mit den Bulls und den Lions haben wir zwei neue Gegner, die man sehr stark einschätzen muss. Aber die Division 1 ist eine schöne Liga geworden, es gibt für niemanden mehr gemähten Wiesen. Ich gehe davon aus, dass die Raiders² keine Lust verspüren weiter gegen uns zu verlieren und wir verspüren auch keine, dauernd von den Vikings² geschlagen zu werden. Das ist ein kleiner Milestone zwischendurch für uns. Wir wollen das zweite Team der Wikinger schlagen, denn das gelang uns noch nie. Darüber steht: Einzug ins Playoff.
Sollte man die Silverbowl gewinnen, ist dann ein Aufstieg in die AFL ein Ziel?
Zwei Dinge dazu. Erstens: Der Gewinn der Silverbowl alleine wäre kein Indiz für mich in die Bundesliga aufsteigen zu müssen. Zweitens: Das Ziel AFL gibt es bei den Knights als Vision immer schon. Natürlich denken wir auch an die AFL. Wir beschäftigen uns konkret damit aber nicht, weil wir in der Divison 1 spielen. Wie erwähnt haben wir noch nie die Vikings² geschlagen, wir waren auch noch nie Meister der Division 1. Das ist daher kein konkretes Thema. Langfristig können wir uns das aber vorstellen. Dazu gehört aber mehr als ein Titelgewinn. Neben der sportlichen Qualifikation noch so Kleinigkeiten wie eine Viertelmillion Euro Jahresbudget, zwei Vollzeit-Coaches und ein breites Einverständnis im gesamten Umfeld des Teams. Reden wir also 2015 darüber weiter.
Das Scheitern der Bulls und Invaders sind keine Warnschilder?
Eigentlich nicht. Ich kenne die Programme nicht so gut, um beurteilen zu können was genau schief gelaufen ist, aber ich kann meine Einstellung dazu verraten. Ich bin der Ansicht, dass ein Aufstieg von der Division 1 in die AFL keiner um eine Klasse ist, sondern, sieht man sich die Unterschiede genauer an, um zwei Klassen. Ein massiver Fehler aus meiner Sicht wäre, die eigene sportliche Herausforderung erst dann zu erhöhen, wenn man aufsteigt. Das würde ich nicht verantworten wollen. Man muss das Jahr vorher schon so weit sein. Es reicht nicht, wenn man zwei Mal pro Woche zum Training kommt, einmal in die Kraftkammer geht und dann sagt: So, jetzt steigen wir auf und machen halt ein wenig mehr. Ich meine, du musst das „AFL Tempo“ schon in der Division 1 gehen, denn sonst kommst du rauf, stellst dann erst um und merkst, dass es nicht funktioniert. Ich weiß wie gesagt nicht, ob es in Salzburg und St. Pölten so war, aber aufsteigen auf Basis des Gewinns einer Silverbowl alleine, das wird in aller Regel mit einem Genickbruch enden.
Da muss aber viel zusammenkommen…
Ja. Und es kann sogar noch mehr werden. Schaut man sich die Entwicklung an, dann kann es sein, dass man in drei Jahren mit 250.000 Euro Jahresbudget zu wenig Spielgeld für die AFL hat. Zusammenfassend: Das Budget muss passen, das Coaching muss stehen und der sportliche Gesamtzustand muss vorher schon gegeben sein. Dann ergibt das Sinn.
Hört sich mehr als schwierig an…
Wäre es einfach, dann würden 20 Teams in der Bundesliga spielen. Ich halte das auch nicht für einen klar vorgegeben und völlig logischen Weg für uns, sondern für eine Möglichkeit, die wir uns erst ganz hart erarbeiten werden müssen. Der Spirit in der Mannschaft sagt mir aber, dass das als langfristiges Ziel in den Hinterköpfen vieler Spieler steckt. Es wäre unehrlich, würde ich das abstreiten, aber auch unseriös, würde ich einen Termin dafür ausgeben.
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