Home is where my heart is, but the serbs are alright
Ich bin Österreicher. Steht so in meiner Geburtsurkunde. Ich bin Teilzeit-Burgenländer. Steht so in meinem Lebenslauf. Keine Frage für welche Mannschaft mein Herz schlägt, wenn Burgenländer (seit 1921 auch Österreicher) und Serben gegeneinander Football spielen. Mein (Lokal) Patriotismus hat aber natürliche Grenzen. Ich oute mich hiermit als Frauenversteher, Warmduscher, Gerechtigkeitsfanatiker, Ausländerfreund und Befürworter von zweisprachigen Ortstafeln. Mit diesen Fähigkeiten ausgestattet, läßt es sich mehr als nur gut damit leben, wenn das "falsche Team" gewinnt. The serbs are alright – ganz besonders ihr Footballteam aus Belgrad. So ist das.

Genie und Wahnsinn
So war das, was ich zu Beginn des SELAF-Spiels der ASVÖ Gladiators und Belgrade Vukovi sah, auch durchaus erfreulich. Die Burgenländer mäanderten zwischen Genie und Wahnsinn in ihrer Offense, zwischen formidabel und perfekt in ihrer Defense umher. Einer Interception folgten zwei Touchdowns – offensiv hielt man den serbischen Boliden an der Box – 14:0 der logische Spielstand, bei dem ich und vermutlich auch alle Zuschauer davon ausgingen, dass Vukovi in Rudersdorf unter die Räder der Gladiators-Offense kommen wird. Das wären sie auch, hätten diese ihr ugly face an dem Tag nicht von der Team Area auf das Feld geschleppt.

Das mediale Abfeiern im Vorfeld war zum Teil natürlich eine ausgemachte Sache und sicher nicht der Grund warum es dazu kam. Weder die Serben und auch nicht an Bernhard Kamber, der, nach seinen großen Sprüchen im Vorfeld, am Hauptfeld eher ruhig und konzentriert wirkte, waren Auslöser für den grantigen Mulatschag. Man wollte einfach viele Zuschauer, möglichst 1000, nach Rudersdorf locken. Das ist nicht gelungen. 500 haben Eintritt bezahlt (auch nicht schlecht), ein paar kamen gratis rein. 601 sagt der Platzwart und der muss es ja wissen. Von einer vierstelligen Zahl an Besuchern ist man aber ein ordentliches Stück weit entfernt. Die Gladiators, die derzeit im Südburgenland ihr Programm aufbauen, werden, wollen sie dieses massiv erweitern, wohl einen Hupfer in den Norden machen müssen. In Oberwart, Mattersburg oder Eisenstadt spielt die Musik in vollen Stadien, keine 40 bis 60 Autominuten von Wien entfernt.

Once that you’ve decided on a killing…
Beim besagten Spielstand von 14:0 wurde aus Dr. Jekyll unmittelbar Mister Hyde. Kein Flag der Referees blieb mehr ohne Kommentar. Diese Flags häuften sich, ebenso die Kommentare und ihre Kommentatoren. Plötzlich hatte das halbe Team das Gefühl (warum eigentlich?) den Referees etwas sagen zu müssen. Diese reagierten ihrerseits mit Verwarnungen (no na), am Ende mit Ausschlüssen. Als die Belgrader das 14:7 schafften, eigentlich noch kein Beinbruch, wurden die Stimmen aus dem Lager der Burgenländer immer mehr und lauter. Headcoach Bill Moore sah der Schreierei und Maulerei kommentarlos zu. Lag es daran, dass er halb entmachtet wurde, oder das Gefahrenpotential nicht erkannte? Warum auch immer – er hätte dem Team in dem Moment sagen müssen ruhig zu bleiben. Er sagte es nicht und daher hielten sie auch nicht die Klappe.

..first you make a stone of your heart…
Es gab wohl einige strittige Entscheidungen gegen die Gladiators, aber es kann nicht die Aufgabe von 30 Mann sein diese zu kommentieren. So wurde beinahe jede Strafe verdoppelt. Der Headcoach muss in dem Fall die sachte und ruhige Frage stellen: Sind Sie sich wirklich sicher? Natürlich sagt der Ref ja, aber er weiß: da macht sich jemand Gedanken. So macht das zum Beispiel ein Geoff Buffum. Das hat Klasse und Stil. So wurde aber bloß alles kritisiert was am Feld lag, aus einer 15-Yards-Strafe als Standard wurden fast immer 30 Yards.

..and if you find that your hands are still willing…
Vukovi wusste eigentlich nicht wie ihnen geschah. Sie hatten sich grad mühsam das 14:7 erkämpft, da lud sie der Gegner mit diesen Strafen freiwillig von der serbischen 30-Yard-Line in die Gladiators-Red-Zone ein. Das gleich zwei Mal in Folge. Dort ernährte sich das Eichhörnchen zwar immer noch mühsam (acht Versuche für einen Touchdown für inches?!), aber zu viele Jäger waren am Ende des Gladiatoren Tod.

…then you can turn a murder into art
Das soll nicht die Leistung Vukovis schmälern, Football basiert eben auf Regeln, aber für die beiden Touchdowns zum Sieg mussten die Serben weder viel Passen noch Laufen, sondern lediglich darauf warten, dass der Gegner ein Foul begeht und danach einen der Referees anpflaumt. Und beides taten die Glads mit unglaublicher Verläßlichkeit und Fantasie. Andreas Mayer musste das Spiel verlassen, weil er übersah, dass der Spielzug noch nicht aus war und das Spielfeld während eines solchen von der Team-Area aus betrat. Gerd Ladinig durfte duschen gehen, weil er sicher einen neuen Videobeweis dafür hat, dass er seinem am Boden liegenden Gegner gar keine reintrat (Hallo?). Bill Moore rastete unvermittelt, aber dafür komplett völlig aus. Diese letzte Ejection eine, die Folgen haben könnte, wurde sie auch im Spielbericht vermerkt. Moore wird mit einer längeren Sperre rechnen müssen – das kennt er ja schon, gibt es diese ja auch Team-intern. Allerdings wird er diese, wenn überhaupt, für ein anderes Team aussitzen. Moore ist nicht mehr Cheftrainer der Gladiators. Er war es allerdings, ganz im Vertrauen, auch vorher nicht mehr.

Murder by numbers – 1, 2, 3… It’s as easy to learn as your abc
Für die Burgenländer war das hoffentlich eine lehrreiche Erfahrung. Wie haut man sich möglichst effektiv selbst in die Pfanne und präsentiert sich dabei gleichzeitig als dumpfe, schimpfende Truppe?

Daraus sollte man bitte keine Power-Point-Präsentation machen, sondern sich entschuldigen und sich danach gleich wieder darauf besinnen was man wirklich ist, gut kann und sich erarbeitet hat: Ein florierendes Football-Programm in Österreich, wo Kraft wohnt, wo Innovation zu Hause ist, dort wo Kids vom Basketball zum Football kommen, wo man ins Fernsehen geht, wo man Medienpartnerschaften eingeht, wo man im kommenden Jahr beim Nachwuchs antreten will, wo 500 Leute auf den Dorfsportplatz kommen, wo Junioren zum Nationalteam stoßen, wo Buben eine 100%ige Trainingsbeteiligung haben, wo ein ehemaliger Nationalteam-Quarterback Kilometer zurücklegt weil er daran glaubt, wo Dinge passieren die sonst in Österreich leider viel zu selten passieren, wo ein Team zu Hause ist, welches – nennen wir das Kind doch beim Namen – sich auf der Suche nach dem zweiten Hoden befindet, der dafür notwendig ist um den mörderischen Schritt in die AFL, sportlich wie finanziell, zu wagen und zu schaffen um damit den Herren im Land der Bulls und Invaders zu zeigen, dass es dieses zweite Ei tatsächlich auch gibt. Wir reden von 2010 und wir wissen worüber wir da reden. Okay? Das haben wir alles besprochen. Dann tut das auch und hört mit dem Quatsch auf. Lasst den Didi Kühbauer bitte dort wo er ist. 4 Mal 12 nicht zwei Mal 45. Hefte raus – das war eine Schularbeit!

Das wird den Gladiators in der SELAF und auch in der Division I hoffentlich kein zweites Mal passieren. Die Vorstellung in Rudersdorf an dem Nachmittag war sportlich eigentlich in Ordnung, disziplinär unter jeder Kritik. Wer dem SELAF-Deligierten Gabriel Dielacher zum Abschluss auch noch vorwirft die Referee-Crew gekauft zu haben, kann eigentlich nicht richtig ticken!

Wir sind so gern in Rudersdorf
Die Referees tragen an diesem Eklat, falls überhaupt, nur eine minimale Schuld. Wir alle wissen, dass Fehlentscheidungen immer wieder vorkommen. Subjektiv öfter als objektiv – einiges schaut danach auf Video ganz anders aus wie durch ein Gesichtsgitter am Feld. Wir wissen auch, dass es kein Instant Replay gibt und das Flags nicht deshalb zurückgenommen werden, weil man die Schiedsrichter nach allen Regeln der Kunst beschimpft.

Allerdings war eines schon auffällig. Während in Graz fünf Referees vom ersten Match am Theodor Körner Platz (Ladies), zum nächsten nach Eggenberg fuhren (AFL), also zwei heimischen Partien kurz hintereinander als Quintett leiteten, standen bei einem SELAF-Match in Rudersdorf, welches, so betont dass der Verband auch immer wieder, ihm (dem AFBÖ) nichts angeht, sieben österreichische Schiedsrichter am Feld. Da heißt es immer es gäbe zu wenige Schiedsrichter, dann haben die die plötzlich das Personal um mit einer ganze Klasse zu einer ‚fremden‘ Liga zu fahren. Wie das? Sollte der Grund dafür gewesen sein, dass es als ‚Hochrisiko-Match‘ eingestuft worden war (einer der Refs sprach auch serbisch), dann muss man schon feststellen, dass die Auswahl des Personals nicht dafür geeignet war die Stimmung zu beruhigen. Die sieben Zebras brachten hier keine Ruhe rein. Und das hätte einer von ihnen auch wissen können.

Danke an The Police für das Lied Murder by Numbers. Ohne euch wäre mir das gar nicht eingefallen.

Walter H. Reiterer

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