Für einen an AFL-Gamedays gewöhnten Österreicher ist die NFL ein Schock. Zumindest jene im Osten der USA. Nichts oder nur sehr wenig von alldem, was man von der Hohen Warte, dem Tivoli u.a. Spielstätten in Austria als ‚Gameday‘ oder ‚Attraktion‘ kennt, findet hier statt. Der Einlauf der Teams wird nicht zelebriert, geht halt irgendwie über die Bühne, was sich damit erklärt, dass noch kaum jemand im Stadion ist, wenn die Mannschaften das Feld betreten. Die Show findet nämlich vor dem Areal statt, wo sich Mr. und Mrs. Smith beim Tailgaten mit Bier und Burger voll stopfen. Angesichts der gesalzenen Preise von Speis und Trank im Stadion, zögert man das Betreten des Ovals so lange wie möglich hinaus.

Cheerleader sieht man bei Temperaturen um den Gefrierpunkt nicht mehr. In der Pause zeigen Kinder aus der benachbarten Grundschule (die dürfen sich offensichtlich verkühlen) ihre Fortschritte in Sachen Stepptanz und ein Pharmakonzern verlost ein Jahr gratis Antidpressivsa im Rahmen einer Tombola. Das passt! Der Stadionsprecher (mir kommt vor, es wäre es überall der selbe Mann) schafft es über drei Stunden jeden Funken einer Emotion von sich fern zu halten. So viel Begeisterung überträgt sich schnell auf das Publikum, welches sediert an seinen 8-Dollar Bieren schlürft oder an den 6-Dollar Nachos knabbert. Aber leise und sauber bitte. Tröten, Trommeln, alles was außer Stimmbändern Lärm machen könnte, sind nämlich verboten. Das trifft in dem Fall sogar auf Schusswaffen zu. Auch die müssen im Wagen bleiben. Seinen Dreck nimmt man wieder mit nach Hause, denn Müll wegwerfen könnte den Entzug der Saisonkarte zur Folge haben.

Mitnehmen darf man ein Getränk pro Person in einem offenen Gefäß aus Plastik und eine nicht professionelle Kamera. Harte Jungs und Mädchen füllen ihre erlaubte bottle des Glücks mit Hochprozentigem an, denn der Genuss von Alkohol und Tabak ist im Stadion auf eigene Verantwortung erlaubt. Betrunkene werden allerdings entfernt.

Tickets anyone?
Den wohl größten Fehler, den man derzeit machen kann, ist es Tickets zum regulären Verkaufspreis zu erwerben. In New York werden einem Karten für die NFL, NBA und NHL an jeder Straßenecke nach geworfen. Die Ticket Exchange Services bieten sogar noch am Gameday Karten für jede Kategorie an. Saisonkartenbesitzer, die zuletzt in finanzielle Turbulenzen gerieten, gibt es nämlich Tausende, die ihr season ticket für ein paar Dollar verborgen (müssen). So kann man zum Beispiel Tickets der ersten Kategorie für das kommenden Spiel der New York Jets gegen die Buffalo Bills um weniger als ein Viertel des ursprünglichen Preises kaufen. Zwei Karten, erster Rang, Reihe 10 an der 35, haben wir um 225 US-Dollar erstanden, dem ursprünglichen Besitzer hat der Spaß aber rund 1000 US-Dollar gekostet. Die Finazschwäche der Fans ist das größte Problem der NFL, die von mehreren Seiten zur Ader gelassen wird. Auch die Sponsorensuche wird immer schwieriger.

Noch viel billiger gibt es übrigens Karten für die NHL (ab USD 30) und die NBA (ab USD 20).

AFC East – der Kampf um die Playoffs
Die Jets und Bills sind Divisionsrivalen in der AFC East und in dieser geht es ganz eng her. Die New Yorker stehen mit 8-5 auf dem dritten Platz, vor ihnen rangieren die New England Patriots und Miami Dolphins mit eben diesem record. Nur für die Bills (6-7) scheint der Playoffzug bereits abgefahren. Wenn Brett Favre sich seinen Traum von einem Playoff erfüllen will, dann muss wohl ein Sieg gegen die Herren aus Buffalo her. Viel wird auch an Runningback Thomas Jones liegen, der in den vergangenen Spielen zu einer bestechenden Form auflief. In den letzten sieben Spielen erzielte Jones zehn Touchdowns und 779 yards an Raumgewinn.

Worüber man in den USA spricht
Weder über die Jets und schon gar nicht über die Bills. Zwei Themen beherrschen die Sportnachrichten.

Nummer 2: In Dallas (bei den Cowboys) hängt der Haussegen schief.
Enfant terrible Terrell Owens veranstaltet eigene Pressekonferenzen und Treffen mit Mitspielern, in denen er sich über seinen Quarterback Tony Romo und den Tight End Jason Witten beschwert. Die zwei würden ihn doch glatt absichtlich übersehen, bzw. Romo nur ein Auge auf Witten werfen (das zweite auf Jessica Simpson, die er nun tatsächlich heiraten will). Armer Terrell, keiner streichelt ihn. Das ganze Theater findet natürlich ausgerechnet vor dem wichtigsten Saisonspiel der Cowboys Samstagabend gegen die Giants im Texas Stadium statt. Sollte Dallas aus den Playoffs fliegen, dann wird sich TO wohl einen neuen Verein suchen müssen.

Owens spaltet die Meinungen in New York zumindest nicht. Man hält ihn allgemein für sehr entbehrlich, ebenso wie Waffenbruder Plaxico Burress, der wohl demnächst in der Versenkung verschwinden wird.

Nummer 1: Wem gebührt die Heisman Trophy?
Die Heisman Trophy ist eine seit 1935 jährlich, von der National Collegiate Athletic Association (NCAA), an den besten College Football Spieler verliehene Auszeichnung. Die Frage, wer diesen Preis heuer bekommen soll, bewegt das ganze Land. Zur Wahl stehen drei Quarterbacks. Tim Tebow (Florida Gators), der Gewinner von 2007, Colt McCoy (Texas Longhorns) und Sam Bradford (Oklahoma Sooners). Stundenlange Sondersendungen auf ESPN drehen sich um das Thema, jeder noch lebende ehemalige Heisman-Gewinner, jeder Kommentator, Trainer, Spieler und Fan des Landes wird nach seiner Meinung gefragt. Die Entscheidung wäre an sich ja leicht. Sam Bradford hat die besten Statistiken. Aber, so sagen viele, er hatte auch die leichtesten Defenses zu spielen. Viele wollen daher den hier fast göttlich verehrten Tebow als Sieger sehen, der nach Archie Griffin (74 und 75) der erst zweite Spieler wäre, der diese Trophäe doppelt im Regal stehen hat. Colt McCoy gilt als Außenseiter, was aber wohl daran liegt, dass von hier aus gesehen (New York) alles was sich in Texas befindet, irgendwie außerhalb liegt. Allerdings steht der Longhorns-Quarterback auch bei den Medienleuten nicht besonders hoch im Kurs. Entschieden wird das ganze Samstag Abend im Rahmen eines Heisman-Dinners.Wir haben bereits Popcorn gekauft.

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