Die doch eher seltsam anmutenden Vorgänge werden von den Burgenländern trocken exekutiert und knapp kommentiert. Die Sache muss beleuchtet werden, mein Football-Austria.com Redakteur Walter H. Reiterer.
Die Vorgeschichte in Kurzform
Bill Moore, der an sich in Österreich beheimatet ist, kam verspätet von seinem USA-Aufenthalt zurück, wo er sich gemeinsam mit seiner Schwester um die kranke Mutter kümmerte und konnte nicht fassen was er hier vorfand. In seiner Abwesenheit wurde die Defense umgestellt. Anstatt lange herumzudiskutieren, ging er mit dieser zurück auf Feld 1 und handelt sich mit der Rückstellung prompt Ärger mit Bernhard Kamber und Dwayne Hoffman ein. Der Amerikaner berief sich auf seine Position als Headcoach (ich darf das), die beiden Spieler auf ihre Arbeit in seiner überlangen Abwesenheit (wozu haben wir das gemacht?). Der Vorstand griff ’schlichtend‘ ein, entschied beim neuen System zu bleiben und bat Moore sich bei einem Spiel die Sache mal aus der Vogelperspektive anzuschauen. Zuerst rotierte der 47-Jährige, am Ende ließ er sich vom Vorstand und Management überzeugen.
In Traun saß er dann fast ein ganzes Spiel ab, im letzten Viertel hielt es ihn nicht mehr am Platz. Er ging in die Team-Area, umarmte den Quarterback Bernhard Kamber, der an seinem 29. Geburtstag mit Klopfen auf Moores Schulter reagierte (…). Die Football-Soap-Oper wurde von den Spielern mit Freude beobachtet, das Team machte nicht gerade den Eindruck als sei ihr auf die Tribüne verbannter Trainer ein ungern gesehener Gast. So blieb der Amerikaner auch dort und sagte am Ende: ‚Alles ist gut im Burgenland‘.
Der Satz wurde tags darauf bestätigt, als der Obmann der Gladiators, Paul Edelsbrunner, erklärte, dass Moore wieder ‚Bestandteil des Teams‘ und ‚voll integriert‘ sei. Alle sind also wieder glücklich im Land der Sonne – nur wie lange?
Leute wie du und ich?
Der ehemalige US-Marine und Baseball-Fanatiker Moore war Trainer der Stonefield Bulldogs. Nach einem Intermezzo in Finnland (Die Frauen trinken dort mehr als die Männer – das hält kein Mensch länger als ein Jahr aus.), war er der kürzeste Coach in der Geschichte des Nationalteams und der Baden Bruins. Vor vier Jahren heuerte er bei den Gladiators an, die er durchgehend bis zum Match in Traun betreute.
Seine Zelte hat er seit damals in Wiener Neustadt aufgeschlagen, war zwischenzeitlich verheiratet, ist jetzt wieder Single und verdient als Straßenarbeiter seine Brötchen. Ein körperlich anstrengender Job, für ihn Fitness-Center, Kraftkammer und Geldgeber in Union. Er steht darauf ein ‚hard working man‘ zu sein und ist stolz darauf Österreichs Straßen zu begradigen (Die waren ja echt in einem schlechten Zustand bevor ich kam). Die Parallele Straße-Footballteam ist in seiner Welt klar gegeben. Du kannst nur schnell fahren, wenn der Untergrund gut genug dafür ist.
Sex & Drugs & Hausverstand
Bekannt ist Moore aber auch für seine privaten Eskapaden und Extravaganzen. Kein Fest ist so geheim als er nicht wüßte wo es steigt, er legt als Kettenraucher und Whiskey-Kenner ein hohes Tempo vor, erbte seinen (schlechten) Ruf diesbezüglich aber trotzdem zu unrecht. Wobei Begriffe hier in Österreich noch relativ wertfrei (im Gegensatz zu den USA) behaftet sind. Es gibt jedenfalls, da bin ich mir mittlerweile ganz sicher, zwei Bill Moores. Sieht man ihn mal im abgewetzten Jogging Anzug, Tennis-Socken und Sandalen herumbrüllen, denkt man sich schnell: Oh je, was ist denn das für einer? Tags darauf taucht er beim Match als Neo-Beau in Designer-Klamotten (Al Pacino läßt grüßen) auf, spricht ruhig, behend und das immer mehr und lieber auch auf Deutsch. Aus dem polternden Hausmeister des Freitags, der gerne mal eine Halbe hebt und sich um die Welt um sich nicht schert, wurde ein eloquenter Feschak am Samstag, der die Wirtschaft seiner Heimat mit demonstrativem Verzehr von Coca Cola in Krankenhausmengen unterstützt. Always the real thing! Do you really care, Walter? I mean: do you r e a l l y care?
Carpe die Möglichkeit
Den Tag nutzen ist eine Tugend, seine Möglichkeiten eine Gabe. Moores Fähigkeiten als Footballtrainer werden von manchen Beobachtern als enden wollend bezeichnet. Seine Fähigkeit Situationen richtig einzuschätzen, Möglichkeiten zu erkennen und sie auszunutzen, kann ihm aber kaum jemand absprechen. So haben es die Gladiators ganz allein der Schläue ihres Coaches zu verdanken, dass Bernhard Kamber bei ihnen spielt. Er sah den Kärntner vor Jahren schon spielen, der ihn an Doug Flutie erinnerte und behauptet bis heute über den mittlerweile 29-Jährigen, dass er der beste Quarterback Österreichs ist. Als Kambers Vertrag bei den Blue Devils nicht verlängert wurde, schlug Moore zu. Allen anderen war das entweder nicht bekannt, oder Kamber nicht gut genug. Nur ein (das beste) Beispiel von Moores Umsicht. Es macht oft den Eindruck als würde er nicht bei der Sache sein, weiß aber im Endeffekt ganz genau wer was warum macht.
Von vielen seiner Trainer-Kollegen wird Moore als Mensch mit dem man stundenlang über Football reden kann und der unglaublich viel Wissen im Laufe der Jahre gespeichert hat beschrieben. (Ich glaube ich habe mehr Statistiken und Spielzüge vergessen als es in Österreich überhaupt gibt.) Anderen ist seine Lebensart zu heftig, denn von Enthaltung, eiserner Disziplin und völliger Zuverlässigkeit ist sein Werdegang nicht gerade geprägt. Bill Moore ufert aus, zuckt aus und sagt er 19 Uhr, dann kann damit auch Mitternacht gemeint sein. Jene die damit zu leben gelernt haben finden ihr Auskommen, dem Rest raubt er den Nerv.
Der Spieler ist heilig
Und jede Heiligkeit muss auf seine Scheinheiligkeit überprüft werden. Die Beziehung zwischen dem Coach Moore und seinen Spielern ist speziell. Die meisten Gladiatoren am Roster mögen ihren Coach sehr, obwohl er ihnen nicht selten ihren und gleichzeitig seinen Spiegel vorhält. Moore liebt seine Jungs, sie sind seine Ersatzfamilie seither er hier heimisch wurde. Ein Schreier der alten Schule, der sich nach dem Training mit der vorher zur Sau gemachten Truppe verbrüdert. Gegen jede Regel, ein völliger Irrsinn eigentlich, der auch zur Unglaubwürdigkeit taugt. Lange Zeit nicht so bei Moore, der zuletzt den gemeinsamen Siegerfeierlichkeiten abschwor (Nie mehr Mammamia, wir sind jetzt Division I) um die selbstauferlegte Party-Abstinenz sogleich am Abend des ersten Sieges in der zweiten Liga zu brechen. Die Haut des Partytigers ist nicht mehr abzustreifen. Moores Bemühungen ein zur Gänze seriöser Cheftrainer zu werden schlagen fehl, sind in Wirklichkeit auch fehl am Platz. Würde er sich verstellen, dann hätte das Team eine Billkopie, die genau keiner braucht. Man ist mit dem Original dahin gekommen, mit dem Mann der jede verdammte Karaoke-Show gewinnt (Moore ist mit einer ganz ordentlichen Gesangsstimme von der Natur ausgestattet worden).
So sah, sehe und beschreibe ich Bill Moore heute, welchen ich (als ‚Fahrer und Nachbar‘) seit knapp drei Jahren als Trainer und Persönlichkeit kenne. Ich bin in den 1000 Tagen nicht viel schlauer geworden, singe aber gerne ein Lied mit ihm. Wir werden vielleicht mal eine Band aufmachen, denn auch meine Vergangenheit war voll mit Noten. Kambermusic Orchestra.
Kamber ist unschuldig
Die Beziehung zwischen den beiden Alpha-Tieren Moore und Kamber war von Beginn an schwierig. Auch wenn es der Jüngere der beiden nicht zugeben mag, sind sich die zwei Herren nicht gar so unähnlich. Schon kurz nach der ‚Fusion‘ kam es zu kleineren Reibereien. Bernhard Kamber, der mit Levio Ferracuti (Falcons) und Ray Braun (Blue Devils) zwei US-Headcoaches ‚am Gewissen‘ hat, ist in dem Fall aus Mangel an Beweisen allerdings freizusprechen. Er deklarierte sich stets pro Moore, obwohl in Nebensätzen öfters der Damon zum Dyonis schlich. Dem Dolch im Gewande, lag sie Schuld hier aber bei Moore, da er allein es war, der sich den Widerspenstigen ins eigene Nest holte.
Abraham sprach zu Bebraham, ich möchte gern ein Zebra haben
Der Verein versuchte den schwelenden Konflikt zuletzt mit dem ABC zu lösen. ‚Wenn Bill A sagt und Bernie B, dann sagen wir einfach C‘, so Gladiators Manager Andreas Mayer. Was er noch nicht ahnte war, dass sich das B(ernie) mit den beiden Amerikaner noch ein M(ike) und ein D(wayne) dazu kaufte! BMD = Bill Moore Defense. Ausgetrickst!
Mit ‚dem Feind im eigenen Bett‘ zu leben, geht nur wenn man sich nach dessen Decke streckt. Das tat Moore nach seiner Rückankunft, unaufgeklärt ob der neuen Situation, mal nicht und wurde daher von den neuen Strukturen überrascht. Bei aller nüchternen Abgeklärtheit des Vorstandes, handelt es sich dabei um eine Palastrevolution, zumindest um eine ungewollte Demütigung. Bill Moore ließ das über sich ergehen, wobei nicht klar ist, ob das für oder gegen ihn spricht.
Wir das gut gehen?
Sicher nicht. Es ist nur eine Frage der Zeit bis es bei den Gladiators wieder kracht. Dass sich alle derart der Sache selbst annehmen und alles andere beseitigen können, halte ich für völlig ausgeschlossen. Hier wird es schon bald wieder den nächsten Tribünen-Kandidaten geben. Möglich, dass das dann nicht Moore ist, aber ein Wickel im Süden ist bei der Konstellation vorprogrammiert. Sollte dem nicht so sein, ich also Lügen gestraft werden, dann bin ich bereit beim Heimmatch der Gladiators gegen die Wolves (10. Juni) mit dem Moutainbike von Wiener Neustadt nach Rudersdorf zu fahren um danach vor dem Match die Nationalhymne der USA zu singen (Land der Berge kann ich nicht). Gemeinsam mit Bill, wenn er das so will.