Als würde man die Hohe Warte auf die Donauinsel verfrachten, lieferten sich die beiden SELAF-Conference-Spitzenreiter Budapest Wolves und Novi Sad Dukes eine Offensivschlacht vor vollem Haus auf einem Eiland mitten in der ungarischen Metropole.

Wir befinden uns auf Margaret Island, dem Budapester Pendant zur Wiener Donauinsel. Ein touristenverseuchter Freizeit- und Sportpark, Erholungszentrum und Partymeile in einem. Sie gleicht der längeren Schwester in Wien in allem, bis auf die Tatsache, dass auf ihr ein schmuckes Stadion steht. In diesem sollte das erste internationale Sunday-Night-Game in der Geschichte des ungarischen Footballsports über die Bühne gehen.

Als 40 Minuten vor dem Kickoff die 3000er-Tribüne schon halb voll war, zauberte das ein Lächeln in das Gesicht von SELAF-Commissioner Igor Gajic. Goran Kosutic, SELAF-Redakteur und Korrespondent von Football-Austria.com fühlte sich heimisch: "Das ist ja wie in Belgrad. Das wird ein toller Abend." Er sollte recht behalten, als ein Helikopter am Horizont auftauchte und den Spielball auf Margaret flog…

Music for the masses

Dass der Footballsport in Ungarn weiterhin massenkompatibel ist, war damit mal klar. Was noch zu beweisen war, dass man diese Massen auch begeistern kann. Die beiden Teams taten das mit einem Offensivspektakel im Vier-Viertel-Takt.

Sieben Offensiv-Drives in Folge wurden mit sieben Touchdowns abgeschlossen. Man sah spektakuläre Spielszenen und jede Menge lange Pässe der beiden formidabeln Quarterbacks Caba Juhas (Dukes) und Vasyl Yordan (Wolves). Den Reigen eröffneten die Dukes mit einem Lauf von Jovan Plecas zum 0:7. Der Ausgleich der Wolves erfolgte postwendend durch Krizstian Piros, nach einem 38-Yards-Pass von Yordan. Rastko Jokic stellte auf 7:14 für die Dukes und noch vor dem zweiten Viertel fand Yordan seinen Receiver Piros ein zweites Mal in der Endzone. 14:14 – das Spiel gerade ein Quarter alt.

Stimmungsmacher unter sich

Welche Auswirkungen ein solcher Kick-Start auf das Publikum hat, kann man sich ausmalen. Die Mehrzahl der Fans klarerweise im Lager der Wolves zu Hause, aber auch die Dukes hatten eine erkleckliche Anzahl von Anhängern on the stands. So wurden die beiden Teams abwechselnd gefeiert und das Feuer auf den Tribünen sprang auf die Spieler über. Die Gestik von Dukes QB Caba Juhas stets extrem emotional. Er ärgerte sich über inkomplette Pässe, stampfte auf, schlug sich auf den Helm, feierte dann aber die Touchdowns ebenso frenetisch und mit Inbrunst. Dem Publikum wusste das zu gefallen, sahen sie auch zwischen den Scores immer wieder attraktive Szenen. Schonkost in jedem Fall für Defensiv-Liebhaber.

So ging der Touchdown-Reigen auch munter weiter. Alen Rizvic brachte die Dukes wieder in Front –14:20 (PAT no good) und Vasyl Jordan konterte dieses Mal selbst mit einem 12-Yards-Rush in die Endzone zum 20:20. Gabor Sviatko brachte mit dem Extrapunkt die Wolves erstmals in diesem Match in Führung – 21:20. Den letzten Touchdown dieser Siebener-Serie erzielte Sinisa Bilic, der Versuch einer 2-Point-Conversion wurde von den Wolves vereitelt – 20:26. Was noch keiner ahnen konnte und auch wohl niemand geglaubt hätte: es blieb der letzte Score der Serben in dem Spiel.

Defense mischt sich ein

Bis zur Halbzeitpause sah man in dem Spiel gar noch Ungewöhnliches. Die Defense stoppte Drives. Zuerst ließ die Dukes-D die Wolves 4 & out gehen, danach zwangen die Budapester den Gegner zu einem Punt. Bevor es also das Publikum komplett vergessen hätte können, wurde es daran erinnert, dass es auch eine Verteidigung im Footballsport gibt. Ein wenig zumindest – der Stimmung tat das natürlich keinen Abbruch.

Zur Halbzeit die obligate Schäfchen-Show der Wolves-Cheerleader, nach dieser die obligate Wolves-Halbzeit.

Die Hälfte der Wölfe

Wie in der Division I, wo die Wolves schon mehrmals Spiele in der zweiten Halbzeit drehten und für sich entscheiden konnten, waren sie auch in dem Spiel die frischere Mannschaft in den Vierteln drei und vier. Die numerisch unterlegenen Dukes gingen im zweiten Spielabschnitt langsam ein, die Wölfe heulten zufrieden auf.

Wolves Runningback Istvan Detemer lief zunächst zur Rückeroberung der Führung – 27:26. Vasyl Yordan setzte mit einer 2-Point-Conversion (rush) zum 29:26 nach.

Genickbruch durch Interceptions

So gut Caba Juhas seine Receiver in Hälfte eins auch zu bedienen wusste, im zweiten Spielabschnitt ging beim Spielmacher der Dukes einiges schief. Zuerst konnte er noch einen Fumble recovern, danach warf er aber die erste von drei Interceptions auf Ioannis Trikas. Die Bestrafung nahm der bis dahin eher unauffällige Peter Cseperkalo vor – 36:26 (PAT good). Der nächste Pass von Juhas wurde von Balasz Agota intercepted, ein erster Fieldgoalversuch von Gabor Sviatko ging aber vorbei.

Der letzte Spielabschnitt begann mit der dritten Interception von Juhas. Dieses Mal war Matyas Hubay zur Stelle. Sviatko versenkte den zweiten Versuch eines Fieldgoals aus 45 Yards zum 39:26 – die Dukes wurde sichtbar müder und Resignation machte sich bei den Serben langsam breit, dazu fumbelten sie auch noch den Ball in der eigenen Red Zone. Die Wolves kamen bis zur 1-Yard-Line der Dukes vor, gingen dort aber 4& out. Die Dukes konnten sich von dort aber nicht mehr befreien, spielten tapfer, aber auch verzweifelt einen vierten Versuch aus und mussten den Ball an der eigenen 7-Yard-Line den Hausherren zurückgeben. Gabor Sviatko stellte mit seinem zweiten Fieldgoal den Endstand von 42:26 her.

Fazit

Ein Spiel mit zwei völlig unterschiedlichen Hälften. Die erste Halbzeit war geprägt von den beiden Offensivabteilungen, mit leichten Vorteilen für die Gäste aus Serbien. Nach der Pause kamen die Wolves, wieg gewohnt muss man fast schon sagen, so aufs Feld, als beginne das Spiel für sie jetzt erst richtig. Drei Interceptions brachten die Dukes auf die Verliererstraße, der Sieg der Wölfe geht in Summe daher in Ordnung, wobei der spielerische Unterschied der beiden Teams sicher kleiner als jener des Endergebnisses ist.

Die Veranstaltung selbst war ganz großes Kino. Die Stimmung einzigartig, dazu wurde eines der attraktivsten Spiele des Jahres 2007 bisher gezeigt. Ein geniales Ambiente für eine Top-Veranstaltung, die danach in einem Party-Areal neben dem Stadion bei Margeritas auf Margeret Island ausklang.

Auch Belgrad hat eine Insel

Erwähnenswert in dem Zusammenhang ist, dass auch in Belgrad ein großes Footballfest über eine Inselbühne ging. Jenes im Stadion der Belgrader Wölfe. Drei Tage Football total mit Belgrad vs. Ljubljana, der Premiere des B-Teams in der Serbischen Meisterschaft mit einem 14:7-Sieg gegen Vrsac, einem offenen Training mit hunderten Schaulustigen und einem Flag-Turnier für Kids. Alles in allem waren an diesem Wochenende an der Beogradska Ada (Donauinsel) über 3000 Zuschauer. Die Veranstaltung wurde von der Belgrader Stadtverwaltung gesponsert und mitbeworben. Zwei SELAF-Events am Wochenende bescherten der Spielserie also knapp 6000 Zuschauer.

Stimmen nach dem Spiel

Dukes QB Caba Juhas
"Alle elf Spieler der Offense machten ein gutes Spiel, besonders in der ersten Halbzeit. Zur zweiten Halbzeit kann man nur den Trainern der Wolves gratulieren. Unsere Receiver waren meistens zu, ich hatte dazu kaum mehr Zeit einen Pass anzubringen. Die Wolves haben sich auf unser Spiel einfach perfekt eingestellt."

Wolves WR Krisztián Piros
"Wir wussten, dass die Dukes mit einem guten Team hierher kommen werden, so waren wir über ihr gutes Spiel in der ersten Hälfte wenig überrascht. Sie verlassen sich aber zu sehr auf ihren Quarterback und wir erwarteten daher, dass er irgendwann müde wird und Fehler begeht. So war es dann auch. Unser Spiel ist nicht so eindimensional, vielmehr ein Mix aus Lauf und Pass."

ORF Co-Kommentator Tino von Eckardt
"Der Pfingst-Ausflug hierher hat sich bezahlt gemacht. Ein sehr attraktives Spiel, viele Zuschauer, tolles Stadion. Ein wenig mehr Defense hätte ich mir gewünscht. Beeindruckt haben mich an dem Abend vor allem die beiden Quarterbacks. Zwei tolle Spieler."

Vukovi-Coach George Sharcevic
"Defense wins championships, sage ich dazu. Das war ein schönes Offensiv-Spiel zum Zuschauen, gewonnen hat es am Ende aber die Defensive. Unser Team wird von Woche zu Woche besser – Vukovi is ready for the wolves."

Wolves Präsident Attila Àrpa
"Wir haben für dieses Match wieder die PR-Maschine angeworfen und es hat funktioniert. Es kamen sogar mehr Zuschauer als wir erwartet haben. Wir haben leider nicht die Ressourcen um für jedes Match solche Werbung zu machen und dieses Spiel mal als Highlight herausgenommen. Das hat doch sehr gut geklappt. Ich bin sehr zufrieden mit der Veranstaltung und dem Spiel."

SELAF
Budapest Wolves vs. Novi Sad Dukes 42:26
(14:14/7:12/15:0/6:0)
27. Mai 07 | Kickoff 20:00
Margaret Island, Budapest

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