Vor Jahren spielte man noch „oben“ mit, also in Landes- und Oberligen und dementsprechend „luxuriös“ ist auch die Spielstätte ausgerichtet: Spielplatz, Trainingsplatz, Tribüne, Garderoben, Gastronomie, Platzwart, Gerätschaften, Geräuschanlage und einen Rasen so grün und gepflegt – zum Anbeißen.

Nichts Außergewöhnliches (für Fußball). Alles ist halt an seinem Platz, funktioniert praktisch und wird auch betreut. Wäre es eine Zimmer in einem Feriendorf irgendwo am Mittelmeer, würde ihnen die Dame vom Reisebüro sagen: eine einfache Unterkunft, aber sehr sauber. Echte 3 Sterne müssen Sie wissen!

Umgelegt auf American Football der „unteren“ Ligen: Ein Eldorado. Die St. Pölten Invaders sind mit einem eigenen Footballstadion davon nicht betroffen, man kann sich aber gut vorstellen, dass einige Vereine so ein Platzerl sehr gut brauchen könnten. Hallo ihr Bürgermeister und Gemeinderäte von Österreich!?! Gebt den Footballern eine Chance und lasst diese am Platz eures Fußballvereins spielen. Wann immer einer kommt und fragt, antwortet ihr ab heute mit Ja! Sie nehmen weder den Kickern die Zuschauer weg, noch machen sie den Rasen kaputt.

Eine demoskopische Aufnahme der Zuschauer an diesem Tag zu erstellen ist gar nicht so einfach. Die Feuerwehr ist da mit einer batteriebetriebenen Monster Tröte, den Star Sprangled Banner und die Rot-Weiss-Rote Fahne gleichzeitig schwingend. Mittendrin in einer Schar von Kindern und Jugendlichen sitzen Damen im besten Alter, scheinbar vom benachbarten Tennisplatz herüber gekommen um nach dem Match in passenden, weil sehr feschen SLK Mercedes wieder zu entschwinden. Muckis schauen – Wissen wir ja eh alles! Dazu die „echten“ Footballfans, darunter auch mitgereiste Tschechen.

Doch auch der interessierte Traisener Fußballfan wollte sich diesen Event nicht entgehen lassen und glänzte am Stammtisch mit Fachwissen aus der Sekundärliteratur, welche als Broschüre „Amercian Football verständlich gemacht“ vom rührigen Marketing Mann Dynamo Günter Zanker und seinen Helfern vor Ort unter die Leute gebracht wurde. So einfach geht es manchmal. Dass es dabei auch manchmal zu Fehleinschätzungen kommen kann, spielt eine sehr untergeordnete Rolle und bereitet dem Wissenden ja auch Spaß es als Rätsel zu lösen. Einer der Fans des Traisener Fußballklubs beschwerte sich fortwährend über die seiner Meinung nach dürftigen Schiedsrichterleistungen und erklärte Football-Austria.com seine Expertise so:

„Schauen Sie. Ich hab jetzt mehrmals beobachtet, dass der Stürmer vorne beim Corner im Abseits stand, als der Kapitän ihm den Ball zugeworfen hat. Nur der Schiri sieht’s nie!“

Wenn eine Katze mit dem Schwanz wedelt glaubt der Dackel sie hat ihn lieb. Diesen Irrtum konnten wir rasch klären, wie auch der vor Ort für den AFBÖ anwesende Vizepräsident Karl Wurm als Wegweiser zum besseren Verständnis von American Football unter anderem auch dem Publikum zur Verfügung stand.

Diese Worte sind zwar lustig, aber es ist mein Ernst wenn ich sage: solche kleinen Schritte sind wichtig. Versteht Frau und Mann was am Platz passiert, ist der nächste Schritt ein leichter. Wir alle wissen ja wie schnell es geht und plötzlich sagen Freunde verdutzt: Du bist Footballfan? (Als ob es sich dabei um eine unheilbare Krankheit handelt) Dahingehend haben die Veranstalter (Traisener Kids + Invaders) und der AFBÖ bei diesem Match auch alles richtig gemacht. Broschüren verteilen – Präs(id)ent sein – Antworten geben – neue Fans gewinnen. Gratulation!

Undercover unterwegs: eine Abordnung der Baden Bruins, Gegner der Invaders in der Division I. Diese haben sich weniger für solche Nebensächlichkeiten interessiert, sondern wollten sehen was die Invaders drauf haben. Das Gezeigte wird für sie wohl nur zur Hälfte befriedigend sein. Es war ein klassisches Warm Up Match.

Fünfeinhalb Stunden, so haben uns die Bobcats verraten, sind sie aus Příbram angereist für ihr Vorbereitungsmatch. Sieht man sich ihren Mannschaftsbus an, so kann man das getrost als Wunder bezeichnen, da dieser den Eindruck macht als sei er bereits zu Zeiten des Prager Frühlings herumgekurvt. Das spricht nicht gegen die Tschechen, sondern für sie.

Nach Ankunft begab sich deren Coach Gormi sogleich zu den Referees um zu verkünden, dass sein Team keinesfalls eine Anwendung der Mercy Rule annehmen möchte, würde es soweit kommen.

Wir sind so lange gefahren – Jetzt wollen wir auch voll spielen. Show no mercy!“ Soweit sollte es aber gar nicht kommen. Die ersten Minuten der Partie gehörten zur Überraschung nämlich voll und ganz den tschechischen Gästen, bzw. deren Runningback mit der Nummer 44. Der Mann steht leider nicht am offiziellen Roster der Webseite der Bobcats, es dürfte sich um einen Leihspieler handeln. Mit nur vier Spielzügen, welche allesamt über ihn führten, erreichte er die Endzone der Invaders und stellte bereits kurz nach Anpfiff eine 6:0 Führung für die Bobcats her. PAT no good.

Die Invaders produzierten zudem im zweiten Spielzug ihrer Offense bereits einen Fumble und ein Turnover (#23 RB Valentin Kopatz), welchen die Tschechen aber zu keinem weiteren Punktgewinn nutzen konnten. (Fieldgoal no good)

HC Eldon Cunningham stellte auf eine „No Huddle“ Offense um und kam damit prompt zum Erfolg. Invaders Running Back Seitz konnte einen 1st Down erkämpfen, sein eben noch den Ball verlustig gewordene Kollege RB Valentin Kopatz gewann ordentlich Yards und der an diesem Tag stark aufspielende Junioren Quarterback Daniel Gloimüller (19 Jahre jung) holte mit einem 28 Yards Lauf selbst die ersten Punkte für sein Team.

Eine gelungene 2 Point Conversion und es stand 8:6 für die Niederösterreicher.

Im zweiten Viertel konzentrierten sich die Tschechen weiterhin auf ihren starken RB. Doch die Invaders hatten den Braten längst gerochen, ihr Defensivspiel auf diesen Mann eingestellt und nagelten mit Blitz und Donner ein paar Bretter auf sein Deck, so er mit Fortdauer des Spiels immer mehr ins Straucheln geriet. Ein harter Frontalhit katapultierte ihn dann überhaupt für einige Spielzüge auf die Bank Das folgende Passspiel der Bobcats kann man nur als „lieb gemeint“ bezeichnen. Die Pässe des QB Ersatzmanns für Richard Buth (ebenfalls nicht am offiziellen Roster der Webseite) flogen zwar in die Luft aber von dort ins Nirgendwo. Keine Gefahr für die Invaders Defense.

In Folge kamen die St. Pöltner immer besser ins Spiel. RB David Karner mit einem 35 Yards Punt Return und einem langen Catch. RB Valentin Kopatz lief Yard um Yard und wieder ein Quarterback, der mal die #11, Markus Sandler, besorgte das 14:6. Die 2 Point Conversion wurde vergeben. Ein Turnover im darauf folgenden Spielzug der Bobcats brachte erneut die Invaders in die Offensive. Ein perfekter Pass auf die #84 WR Markus Schindele und eine ebenso perfekt ausgeführte 2 Point Conversion stellten den Halbzeitstand von 22:6 her.

Die zweite Hälfte hatte mit der ersten dann nichts mehr gemein. Beide Teams probierten (riskante) Spielvarianten aus, 4th Downs wurden fast aus Prinzip ausgespielt. Oft ging es tief – zu tief für die Passempfänger. Der häufigste „Spielzug“ zu dieser Zeit: Der Fumble Recover. Steht zwar so in keinem Playbook, aber war in diesem Fall eine Folge von „High-Risk Procedure“ Proben. Muss auch sein in so einem Match. Ein Geplänkel im Mittelfeld, wie es einer der Fußballfans nannte und damit hatte er durchaus auch Recht. Das Spiel verlor fortlaufend an Attraktivität für das Publikum, welches aber durch die sehr gute erste Hälfte bestens bedient war. So wandte man sich bereits dem Smalltalk zu, noch bevor die St. Pöltner mit einem TD und einer weiteren 2 Point Conversion den Endstand von 30:6 herstellen konnten.

Fazit:
Eine schöne Veranstaltung der Invaders und der Traisener Jugend. Hier hat viel gepasst, inklusive dem Traumwetter, genügend Parkplätze, ein fachlich sich auf der Höhe des Geschehens befindlicher Platzsprecher, die Betreuung der Aktiven und nicht zu Vergessen: die sportliche Leistung.

Unsere Tipps:
 • 5 Euro Eintritt nicht nur ankündigen – auch kassieren. Euer Geld!
• Merchandising Stand – Die Invaders haben unter anderen Teams die schönsten T-Shirts, Käppis und Jacken – Verkauft Sie bitte auch dort! Euer Geld! • Agreement mit der Gastronomie: Eine eigene Spanferkelbraterei hätte aus dem „nach dem Match“- Treffen eine „After-Game Party“ gemacht. Euer Geld!

Einnahmequellen so „kampflos“ versiegen lassen schadet euch selbst. Wir wissen: Schwierig zu organisieren, aber wir wissen auch: Machbar!

Nach der aberwitzigen und völlig abgedrehten Tiefwinterpartie der Gladiators und Stallions bereits die zweite Veranstaltung welche wir mit vielen Sternen zu belobigen haben. Ein starkes Stück Vorsaison Football. Da mag man sich gerne ausmalen wie kommende Woche die reguläre Saison erst abgehen wird.

Aus sportlicher Sicht sind die Invaders für uns in der Division I zumindest leichter Mitfavorit für den Titelgewinn. So wie auch die Bruins, Bulls, Ranger, SteelSharks und Vikings II. Es wird eine verdammt harte Saison in der zweiten Klasse, so wie wir eine solche auch für die Erste und Dritte erwarten. Noch nie waren alle drei Ligatitel beim Tackle Football der Männer derart offen vor der Saison. Keine gemähte Wiese für Wikinger und Wölfe. Es könnte heuer ganz anders kommen…

St. Pölten Invaders vs Příbram Bobcats 30:6

(8:6 14:0 0:0 8:0)
26.03.2005, Kickoff: 14.00h
Sportplatz Traisen, 300

Referees: Müllner / Bremser K. / Bremser D. / Kreimel / Praher

Football-Austria
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Spielbewertung (max. 10 Balls)
Spielniveau:
Ambiente:
Unterhaltungswert:
Burgertest: ausgefallen, weil nicht auf der Speisekarte

Football-Austria
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MVP: Daniel Gloimüller (QB Invaders)

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