Eine üble Verletzungsserie plagt die Dragons. Johannes Kain und Andreas Düringer fehlen der Defense nach wie vor und auch Runningback Andrej Kliman wirkt nach seiner Verletzungspause nicht wie der Alte. Das ist alles sichtbar, wie auch die kurzen Verletzungspausen von Quarterback Thomas Haider und US-Boy Andrew Jackson. Trotzdem fehlt mir der Glaube, dass es ausschließlich daran liegt, dass der Meister nach sechs Runden nur bei 0.500 steht.
Gehen wir zunächst nur von den Resultaten aus. Neben den satten Niederlagen gegen die Raiders und Vikings (addiert 0:70!), waren die beiden Leistungen gegen Prag verdächtig mittelmäßig. Vikings, Raiders und Giants überfuhren die Tschechen, die Dragons stotterten beim ersten Mal und kamen bei der Wiederholung sogar kurz ins Schwitzen. Die Teilnahme am Playoff war für die Drachen lange Zeit eine offene Frage und deren Beantwortung richtig schwierig, bei den anderen drei Top-Teams war es aber absolut klar, dass die Panthers sie nicht fordern können.
Die offensichtlichste Schwachstelle bei den Dragons ist aber nicht die D-Line (die auch), es sind nicht die Linbebacker (die schon weniger), sondern ihre O-Line, wo kein Ausfall zu vermelden ist. Kleine Sack Statistik: Gegen Giants, Raiders und Vikings mussten die Dragons 13 Quarterback Sacks zulassen, erzielten in diesen Spielen selbst aber nur einen. Thomas Haider sitzt öfter am Hosenboden als der Salzburger Spielmacher Dustin Willingham. Salzburg, welches bekanntlich 6:81 unterlag, hatte zwei kleine Erfolge in dem Spiel gegen die Dragons: Einen Touchdown und – schau an – einen Quarterback Sack. Raten Sie mal wie viele Sacks die Bulls gegen Vikings, Raiders und Giants in Summe erzielt haben? Richtig – keinen einzigen. Diese Rate ist eine der Kennziffern, die den Dragons Coaches eine Denkaufgabe mitgeben sollten, denn unter Druck unterlaufen Thomas Haider Fehler.

Schuld haben immer die Kicker, oder?

Ein Lichtblick ist die knappe Niederlage gegen die Giants. Meiner Meinung nach das mit Abstand beste Spiel der Dragons in der Saison bisher. Da lief fast alles nach Plan, die Statistik weist die Dragons sogar als das Team aus, welches offensiv weit mehr vom Spiel hatte. Es passte dann aber das Kicken nicht. Zwei Fieldgoals wurden vergeben, eines hätte für die Overtime gereicht, das zweite den Sieg gebracht. Nun kann man es sich einfach machen und sagen: Die Kicker waren schuld. Ja. Natürlich hätten Daum aus 44 und Wunderer aus 29 Yards auch treffen können. Wenigstens ein Mal. Aber wir machen es uns kompliziert und fragen, wie es zu den Fieldgoal-Versuchen überhaupt kam. Beim ersten Mal wurde bei 3rd & 6 an der Giants 23 Thomas Haider für einen Raumverlust von fünf Yards von den Giants gesacked. Beim zweiten Mal warf Haider schwer unter Druck incomplete auf Russell. Insgesamt kassierte der Quarterback in dem Spiel übrigens vier Sacks (Gunn Null). Auch hier hatte also die O-Line wieder ihre Finger im Spiel und gab Haider nicht die Zeit, um den Sack zuzumachen.
So leid es mir für O-Line Coach Claus Neumann und die Herren Klackl, Lehmann, Brandmayr und Piedra auch tut, aber das sieht heuer alles weitaus behäbiger und weicher aus, was diese O-Line leistet, als noch im Vorjahr. Das genannte Quartett ist im Schnitt übrigens 34.5 Jahre alt. Kollege Roland Brandt ist 38, steht zwar noch am Roster, erklärt den Gästen im VIP-Sektor aber mittlerweile das Spiel, womit er gleichzeitig auch goldrichtig eingesetzt wird.
Das sieht für mich nicht nach etwas aus, was man so schnell mal fixen könnte, sondern nach einem Generationswechsel, wobei die nächste Generation noch keine klaren Konturen hat. Zumindest von außen nicht, mag sein, dass es hier schon eine Agenda gibt.

Wie die Vikings 2009

Die Dragons halten sich nun – no na – am Underdog Strohhalm fest und verweisen auf die Vikings 2009. Die haben schließlich auch im Grunddurchgang übel ausgesehen und sind am Ende als Meister hervorgegangen.
Nun, ganz so ist das nicht. Abgesehen davon, dass die Vikings damals nicht nur im Grunddurchgang nicht überzeugen konnten, taten sie das konsequenter Weise auch danach nicht. Weder im Wild Card Spiel (Fieldgoal Sieg über Hohenems), noch im Halbfinale (21:22 am Tivoli) und – sind wir uns da ehrlich – auch nicht in der Austrian Bowl, wo vier Viertel Krampf von einem Big Play durch einen Spieler gelöst wurde, der danach als Mid-20er seine Tackle Karriere beendete, um lieber Flag Football zu spielen [sic!]. Das heißt: hier spielten auch die Gegner brav mit. Zudem verloren die Vikings in der Saison nicht Hoch zu Null gegen direkte Konkurrenten. Die Raiders schlugen sie 23:15, verloren auswärts 6:26, die Giants schlugen sie 31:17. Das ist etwas anderes als 0:28 oder 0:42, so die letzten und aktuellen Ergebnisse, unter Ausklammerung des knappen Giants Spiels, welches nur schon etwas länger her ist. Und komme mir bitte ja keiner mit dem Sieg gegen Salzburg daher! Geschenkt!
Hier trennt sich der (noch berechtigte) Glaube an sich selbst (Vikings) vom (verständlichen) Glauben an ein Mirakel (Dragons). Mein Glaube ist, dass die Dragons Saison am 11. Juni am Tivoli mit einer weiteren veritablen Niederlage sang und klanglos zu Ende gehen wird und sie sich danach auf gleich mehreren Ebenen neu orientieren müssen, wo von eine Ebene die beiden Linien sind, um 2012 dann wieder auf Augenhöhe zu sein. Denn bei den kurzen Saisonen in Österreich besteht die Gefahr, dass der Volksmund aus den großen Vier im Handumdrehen die großen Drei macht. Derzeit stehen wir bei den fantastischen Dreieinhalb.
Meint Ihr
Walter Reiterer
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