–Den Teufel spürt das Völkchen nie, und wenn er sie beim Kragen hätte.
(Johann Wolfgang von Goethe, Faust I, Mephisto)

Während im Niederösterreichischen Klosterneuburg eine Frage der Ehre eidgenössisch klar geklärt werden konnte, gestaltete sich die Beantwortung gleich eines ganzen Fragenkatalogs in Graz Eggenberg zu einer wesentlich vielschichtigeren Angelegenheit. Nach dem bisher mit Abstand spannendsten Spiel der laufenden AFL Saison bleiben einige davon sogar weiterhin offen. Wir wollen Sie stellen und auch gleich beantworten, damit Mann und Frau sich auskennt.

Was war das für ein Spiel?
Für eine erste Frage eine sehr gute, wie Sie angesichts der knappen Partie sicher zugeben müssen. Nun, die 550 Zuschauer im Stadion Eggenberg sahen drei Viertel lang einen elektrisierender Offensivschocker. Nur im dritten Viertel gönnten man sich eine kleines Päuschen, bereits getragen von der Ahnung, dass die Sache ein wenig dauern und die Kräfte noch gebraucht werde könnten. So kam es am Ende auch zu einer Overtime, doch langsam.

Von Beginn an ein Footballmatch mit Tennischarakter in dem keiner der beiden Kontrahenten den Aufschlag abgeben wollte. So führte vorerst auch jeder Drive zu einem TD. Im Service wechselten sich ab: Armando Ponce de LeonKeath Bartynski (7:7) sowie Martin GrassegggerKeath Bartynski (14:14). Es stand zwar auf beiden Seiten jeweils auch eine Defense am Feld, diese hatte aber vorerst nur dekorativen Wert, als Kulisse für schöne Spielzüge der Offensivabteilungen. Erst im zweiten Viertel konnten erstmals Drives vor der Endzone gestoppt werden. Gleich viele Breaks auf beiden Seiten und das Aufschlagduell Harald EggerKeath Bartynski stellte den Halbzeitstand von 21:21 her. Zur Halbzeit gab man sich auf beiden Seiten mit Recht siegessicher.

Die Kräfteraubende erste Hälfte forderte ihren Tribut. Nach Wiederbeginn gönnte man sich ein Viertel lang eine Verschnaufpause, bevor der muntere Offensivreigen seine Fortsetzung fand. Im letzten Viertel lauteten die Duelle: Ekrem TaraMartin Grassegger (28:28), gefolgt von zwei Klassikern als Wiederholung aus dem ersten Viertel: Armando Ponce de LeonKeath Bartynski (35:35), bzw. Martin GrasseggerKeath Bartynski (41:42). Hier ein klarer Stilbruch – da fehlt doch ein Punkt!? Eigentlich sogar zwei Punkte, denn die 2 Point Conversion misslang. Die Devils befanden sich erstmals in diesem Match in Führung. Bitter für die Grazer, lief man diesen fehlenden Punkten bis 28 Sekunden vor Ende des Spiels hinterher. Bis Martin Grassegger mit einem weiteren TD und einer gelungen 2 Point Conversion den vermeintlichen Endstand herstellen konnte. Nur noch 14 Sekunden auf der Uhr, 49:42 für die Giants. Jubel auf den Rängen, erste Vorbereitungen zur Siegesfeier wurden getroffen. Treffen sollte aber auch Blue Devils QB Jon Abner, nämlich mit dem Football über 24 Yards die Hände seines Receivers Christian Steffanis. Der gescheite junge Mann griff zur Freude seiner Teamkollegen in der Giants Endzone fest genug zu – 49:48. Der darauf folgende Extrapunktversuch: ein eigener Minikrimi im Megakrimi. Die Devils planten eine 2 Point Conversion, kassierten aber einige Yards an Strafen. So musste Bernhard Kamber am Ende aus einiger Distanz zum Ausgleich kicken. In dieser Situation eine Nervenprobe, der Kamber standhielt. Schockschwerenot in Blau-Gelb – Overtime.

Was sich über drei Vierteln bewährt hat, nämlich zu scoren wenn man im Ballbesitz ist, fand in der Überzeit seine logische Fortsetzung. Der Ball wurde an der 25 Yard Linie aufgelegt, die Giants als erstes Team im Ballbesitz. Christian Kranz fing einen Pass von Les Courtemanche und wieder waren die Giants vorne. Mit einem kleinen, aber wie sich rasch herausstellen sollte Spielentscheidenden Schönheitsfehler, denn er PAT misslang erneut – "nur" 55:48.

Die Devils waren nun gezwungen im direkten Gegenzug zu punkten. Traditionell dem Spielverlauf entsprechend taten sie das auch. Ein kurzer Lauf durch QB Jon Abner zum Ausgleich und es war erneut Bernhard Kamber, der mit einem gelungen Extrapunktversuch die Devils in den siebenten Himmel kickte. Zum ersten Mal in der Vereinsgeschichte der Hohenemser konnte man den österreichischen Rekordmeister bezwingen. Noch dazu in ihrem eigenen Stadion. Überschwängliche Freude auf Seiten der Spieler und Coaches der Devils, "kontrollierte" Enttäuschung bei den Giants, die trotz der so unglücklichen Niederlage mit fairen und ehrlichen Gratulationen Richtung Gegner wahre Größe zeigten. Die G-Freakzzz schrieen sich unbeirrt des enttäuschenden Endes die Seele aus dem Leib, um "ihre Giants" für dieses Footballfest gemeinsam mit den Hohenemsern abzufeiern. Gut so. Eine denkwürdige Partie, die sich keinen Verlierer verdient hätte.

Wer ist die dritte Kraft?
Diese Frage konnten an diesem Tag eindeutig nicht geklärt werden. Der Papierform nach natürlich heute die Vorarlberger, welche mit zwei Siegen den dritten Tabelleplatz in der AFL gefestigt haben. Allerdings gab diese Offensivshow keinerlei Aufschluss darüber, wer nun tatsächlich das bessere Team ist. Tatsache ist: die Cineplexx Blue Devils spielen, wie schon vor der Saison erwartet, vorne mit. So auch die Giants, die bis auf das Auswärtsdesaster gegen die Vikings zwei starke Leistungen geboten haben.

Hinter diesen Vieren (Raiders inklusive) klafft bereits eine kleine Lücke zu den bislang sieglosen Falcons und Dragons. Den Klagenfurtern ist zuzutrauen diese noch schließen zu können, sollte man dort nicht demnächst in arge Personalnot geraten. Die Dragons dürften sich von diesem Kampf bereits innerlich verabschiedet haben.

Wie stark ist Keath Bartynski?
222 Yards lief der Amerikaner im vorigen Jahr gegen die Giants im Eurobowl Bewerb. Das wollte man der Mal in Graz unbedingt verhindern. Der Wille war da und auch stark, nur Bartynskis Fleisch eindeutig noch stärker. Mit 230 Rushing Yards und 5 Touchdowns zeigte der Hohenemser Neuzugang erstmals in dieser Saison groß auf und trug damit wesentlich zum Sieg der Devils bei. Bartynski wurde im ersten Match (damals noch ohne HC Ron Anzevino) von den Raiders kaltgestellt. Auch beim Sieg gegen die Dragons vermochte er noch nicht so Recht zu überzeugen. Von einem Fehlkauf war gar schon die Rede. Kritiker bemängelten ein uninspiriertes Geradeauslaufen und eine zu schwache O-Line für einen zwar starken, aber nicht gerade ideenreichen RB. Bis zum kommenden Match der Blue Devils (am 8.5. zu Hause gegen die Vikings wird das Herrenried Stadion wohl aus allen Nähten platzen) wird man wohl eine kurze Schweigephase und Gedenkandacht halten müssen, oder – am Einfachsten – die plötzlich ganz starke Devils O-Line bewundern?

Der 25-jährige scheint sich im dritten Match Warmgelaufen zu haben. Die Giants sind allerdings auch Bartynskis Lieblingsgegner. Ganz anders die Vikings, von denen er ein wenig Respekt zeigt. Im Vorjahr hatte man ihn auf der Hohen Warte beim Eurobowl Finale fest im Griff. In Dornbach zeigt man sich uninteressiert bis hochmütig was Bartynski angeht. Cornerback Daniel Fettner ist "froh" gegen ihn spielen zu können, da er "sehr smooth rüberkommt", ganz anders als noch sein Vorgänger Jamie Kimbrough, den Fettner als wesentlich härteren Gegner einstuft. Ebenso wenig Respekt zeigt Vikings Manager Alfred Neugebauer (als Ex Mr. Austria an Muskulöses ja gewöhnt) vor Bartynski: "Die Kinokette als Tätowierung am Bauch (Anm.: Bartynski hat eine Cineplexx Tatoo) ist wohl das Interessanteste an ihm. Im Eurobowl Finale voriges Jahr ist er mir erst nach dem Spiel aufgefallen. Hübsche Muskeln, welche Position hat er schnell gespielt?"

Diese für die Vikings doch sehr auffallend legere Art einen Gegenspieler zu beurteilen macht uns doch ein wenig stutzig. So demonstrativ uninteressiert ist man ansonsten nie. Wollte man Bartynski heuer gar in einem violetten Dress lieber gesehen haben? Egal. In Wahrheit weiß man dort natürlich, dass der Herr auch für die Vikings Defense eine Herausforderung darstellt, zudem will man einen gehypten Spieler, der bis zum letzten Match nicht wirklich viel gezeigt hat in dieser Saison, auch genau so klein halten und nicht Groß reden. Die Wikinger sind insgeheim gewappnet und erwarten ein schweres Match kommenden Sonntag in Hohenems. Wahrscheinlich ihr schwerstes bis zum 4.6. gegen die Raiders am Tivoli.

Teamnews: Graz Giants
Teamnews: Blue Devils

AFL
Öko Box Graz Giants vs Cineplexx Blue Devils 55:56 

(14-14 / 7-7 / 0-0 / 28-28 / OT 6-7)

Stadion: Graz – Eggenberg, Kickoff: 15:00 Uhr, 550
Schiedsrichter: Arnold / Lair / Windsteig / Ladinig / Zemsauer E.
Football-Austria.com Spielbewertung (max. 10 Balls)
Spielniveau:
Ambiente:
Unterhaltungswert:
Burgertest: essbar + Ekmecic, also:

Football-Austria.com MVPs:
Martin Grassegger (Graz Giants)
Keath Bartynski (Blue Devils)

Spielverlauf:
1. Qu.:
Min. 9:11; Rushing TD Armando Ponce de Leon (# 15) PAT good
7:0
80 yard Lauf von Keath Bartynski (# 3) TD; PAT good
7:7
Min. 7:49; TD Graz Giants Martin Grasseger (# 11) PAT good
7:14
15 yard Lauf TD Keath Bartynski (# 3) PAT good
14:14
2. Qu.:
Min. 2:57; TD (# 84, GG) PAT good
21:14
Min. 2:00; TD Keath Bartynski (# 3) PAT good
21:21 (Halbzeitstand)

Stimmen zur Halbzeit:

Armando Ponce de Leon (GG): Ein enges Spiel, wir werden alles versuchen die Partie in der zweiten Halbzeit für uns zu entscheiden; kurz vor Ende der ersten Halbzeit habe ich einen harten Hit von Christian Steffani bekommen, bin aber O.K. und werde weiterhin alles geben;

Bernhard Kamber (BD): Wir erwarten uns, obwohl wir hier Aussenseiter sind, den Sieg in der zweiten Halbzeit, da unser Runningback Keath Bartynski zur Hochform aufläuft und sich seinem üblichen Graz-Giants Standard annähert (Anm.: 222 yards im Vorjahr mit den Bergamo Lions)

3. Qu.:
21:21 weiterhin; beide Mannschaften wirken nach der Halbzeitpause sehr müde;
4. Qu.:
Die Blue Devils gehen erstmals durch einen Pass von John Abner (# 11) auf Ekrem Tara (# 36) in Führung PAT good
21:28
TD Martin Grassegger (#11) PAT good;
28:28
Min. 7:35; TD Pass von Leslie Courtemanche (# 5) auf Armando Ponce de Leon (# 15); PAT good;
35:28
Min 6:51; TD Keath Bartinsky (# 3) PAT good;
35:35
Min. 6:01; 10 yards Lauf durch Martin Grasseger (# 11) PAT no good;
41:35
Min. 4:38; TD Keath Bartinsky (# 3) PAT good;
41:42
Min. 0:28; TD Martin Grasseger( # 11) (4. Versuch und 20 yards) 2PC good
49:42
Min. 0:13; 45 yards TD Pass von Jon Abner (# 11) auf Christian Steffani (# 83) PAT good ;
49:49 (Ende der regulären Spielzeit)
OVERTIME
TD durch Christian Kranz (# 10) GG, PAT no good;
55:49
TD durch Jon Abner (# 11)PAT good;
55:56 (Endstand)

Quick Statistics:
Rushing Yards: Devils: 256; Giants: 145
Passing Yards: Devils: 183; Giants: 336
Kickoff Return Yards: Devils: 100 (7); Giants: 137 (7)
Strafen/Yards: Devils 7/53; Giants 5/37
Ballbesitz: Devils: 42,28 min.; Giants 17,32 min.
Individual Stats:
MVP Keath Bartinsky (BD, # 3) 230 Yards, 5 Touchdowns, Durchschnitt: 7,9 Yards/29 Laufversuche;
Christian Kranz (GG, # 10) 4 Pässe gefangen 103 yards gesamt;
Leslie Courtemanche (GG, # 5) 4 Touchdowns, 336 yards gesamt;

Abonnieren
Benachrichtige mich bei
guest
0 Comments
Most Voted
Newest Oldest
Inline Feedbacks
View all comments