So hatte man sich die Eröffnung der EM wohl von beiden Seiten nicht vorgestellt: Zwei Titelanwärter, die beide nicht titelwürdig spielten. Vor rund 4.000 Zuschauern (davon gut und gerne 1.000 aus der Alpenrepublik) in der Frankfurter Commerzbank Arena wurde eine zerfahrene und von vielen Fehlern geprägte Partie geboten, die die deutsche Auswahl völlig verdient, aber für die Dominanz, die sie an den Tag legten, etwas zu knapp gewann.

Deutschland fing zwar etwas nervös an, schloss aber den ersten Drive dann in einer pass-only no-huddle offense mit einem 9-Yard TD-Pass von Daniel Zimmermann (6 von 11 für 78 yards und 1 TD) auf Radko Zoller (2 für 27 yards und 1 TD) ab. Die Österreicher konnten darauf nicht im Geringsten antworten: Einem vom österreichischen Team eroberten Fumble von Christoph Gross (12 von 22 für 213 yards, 2 TDs und 3 INTs) folgte bald bei seinem zweiten Passversuch eine Interception, die von Sebastian Schönbroich gefangen wurde. Die Deutschen holten aus dem Turnover ein 43 Yard Field Goal von Jan Hilgenfeldt heraus: 10:0.

Erst zu dem Zeitpunkt kam Andrej Kliman (13 für 63 yards) aufs Feld und bescherte dem Spiel einen Hauch von Laufspiel, aber auch einen Fumble im zweiten Spielzug, den Gross zurückerobert. Die Ö-Offense kam und kam nicht ins Laufen und Gross warf im zweiten Drive die zweite Interception. Die Defense hinderte die deutsche Mannschaft aber daran, auch hieraus Punkte zu machen, und ein schöner Puntreturn von Armando Ponce de Leon (2 für 30 yards receiving, 2 für 16 yards und 1 TD rushing) gab den Österreichern dann ein kurzes Feld, welches er selbst mit einem Jets Sweep zu einem TD ausnutzte. Der PAT wurde verhängnisvoller Weise geblockt, und es stand am Anfang des zweiten Viertels 10:6 für Deutschland.

Danach übernahmen die Defenses das Spiel, und die deutsche schaffte es sogar dank Leonard Greene, Gross zum dritten Mal abzufangen.

Die deutsche Offense versuchte mit QB-Wechseln, Wildcat-Zügen, No Huddle und two-headed rushing attack ihr Spiel zu variieren und lief zu dem Zeitpunkt runder als die österreichische. Joachim Ullrich (13 von 19 für 172 yards und 1 TD) orchestrierte einen schönen, langen Drive zu einem 24 Yard Field Goal kurz vor der Pause – 13:6 der Halbzeitstand. Österreichs Ballkontrolle und Playcalling waren in Hälfte eins gegen eine agile deutsche Defense extrem mangelhaft, die Deutschen durften sich nur bei 93 Flagyards dafür bedanken, dass sie zu dem Zeitpunkt nicht höher führten.

EM 2010: GER vs. AUT 24.7.2010

Hälfte Zwei begann mit einer immer noch nervösen österreichischen Offense.

Zwei frühe Timeouts, ein (wiedereroberter) Kliman-Fumble und durch deutsche Flags geschenkte First Downs ließen kein neues Bild aufkommen: Der erste Drive im dritten Viertel endetet mit dem in Anbetracht der Gesamtanzahl erstaunlicherweise einzigen lost fumble des Tages durch Lukas Miribung. Die deutsche Offense erlangt aber kein First Down, und das österreichische Team erfuhr seinen ersten kleinen Momentum-Schub. Kliman schaffte beim ersten Play danach einen 25 Yard Lauf, der nur dank einem Schnürsenkeltackle zu keinem TD wurde. Den holte er im Play danach dank eines 47 yards-Pass von Gross und einem hurdle move nach (Kliman 3 für 86 yards und 1 TD receiving). Österreich glich völlig obskurer Weise zum 13:13 aus.

Ullrich antwortete mit einem pass-only no-nuddle drive (sounds familiar?), der mit einem 19 Yard TD auf Dominic Hanselmann (9 für 84 yards und 1 TD) abgeschlossen wurde: 20:13 für Deutschland.

Danach dominierten wieder die Defenses das Spiel – und brachten sogar Punkte auf’s Board.

Die Deutsche Defense erzwang einen Safety – O-Liner Alexander Milanovic beging ein Holding in der eigenen Endzone – und brachte ihr Team somit mit 22:13 in Führung. 2:37 vor Schluss fand Gross aber Jakob Dieplinger zu einem 37 Yard Anschluss-TD zum 22:20. Der folgende Onside Kick wurde jedoch von Danny Washington (11 für 61 yards) erobert. Die Ö-Defense hielt und gab der Offense eine letzte Chance: 40 Sekunden Zeit für 85 Yards. Gross arbeitete sich an die Feldmitte vor, aber dem Chaos des Spiels und des österreischischen Playcallings gerecht wurde eine Fehlentscheidung getroffen: Kein Spike. Gross‘ hurtiger Hail Mary auf Dieplinger landete incomplete – und Deutschland war somit Sieger einer Eröffnungspartie, in der es über 200 Penalty-Yards zu sehen gab, und in der sie so überlegen und die Österreicher so von der Rolle wirkten, dass ein Zwei-Punkte-Unterschied wohl als schmeichelhaftes Ergebnis gedeutet werden muss.

Fazit

Für die Deutschen heißt der heutige Sieg, dass sie mit etwas mehr Disziplin und Besinnen auf die eigenen Stärken zur absoluten Spitze zu zählen sind. Österreich hat allerdings noch einiges zu tun, will man in die Top 3 dieses Turniers vorstoßen. Das Playcalling muss stabiler werden, die Laufspiel-Identität war in diesem Spiel kaum zu sehen, was die Frage aufkommen lässt, ob Kliman eventuell nicht hundertprozentig fit ist. Die Ball Security war heute unterirdisch, aber derartige Nervositätsanflüge müssen mental in den Griff zu bekommen sein. Gross‘ Präzision (vor allem auch beim Screenpass, der zu oft zu kurz landet) muss zu gewohntem Niveau zurückkehren. Und die Secondary muss sich schneller adaptieren und die Mitte des Feldes im Auge behalten.

Als Fazit bleibt also nur: Es ist noch ein langer Weg zur sportlichen Qualifikation für die kommende Heim-WM.

EM 2010

Germany vs. Austria 22:20
(10:0/3:6/7:7/2:7)
24. Juli 2919 19:30 · Commerzbank Arena| Frankfurt

Abonnieren
Benachrichtige mich bei
guest
0 Comments
Inline Feedbacks
View all comments