Nach ihrer Ankunft in Österreich (das schwedische Team kam im Bus!) sahen die Skandinavier zum ersten Mal die ‚lustigen‘ und offiziellen Fotos zur Vorankündigung des Matches vom Verband (von kleinen schwedischen Plüschelchen vor überlebensgroßen Utensilien in Rot-Weiß-Rot). Schwedenbomben, im Raubtiermaul der Liner versteht man in Schweden übrigens auch nicht, so fragten die sich die Gäste nur, ob in Österreich alle dauernd Schokolade im offenen Mund hätten? Alles in allem fand man nach Aufklärung (These are Swedenboms – witzig, nicht?) seitens des Europameisters die Darstellung des schwedischen Teams ein wenig respektlos, kann man auch im hohen Norden über Klischees weniger lachen, wie in dem für seinen feinsinnigen Humor bekannten Alpenland. Ein schwedischer Funktionär drückte es Kopfschüttelnd so aus: ‚Dann werden wir halt den Alpenjodlern ihre Lederhosen ausziehen.‘
Genug des gar gefährlichen Trash-Talks im Vorfeld über Österreich, Schweden und wie sich gegenseitig sehen, denn die Antwort für so manch großen Spruch ‚Made in A‘, welcher im Vorfeld geklopft wurde, bekam man am Feld.
Defensivschlacht
Das ganze Spiel wurde von der Defensive dominiert, vor allem zu Beginn setzten beide Teams die Offenseabteilungen des Gegners ins Dauerschach. Österreichs erster Offensivspielzug nach fünf Jahren Pausen war ein 2 Yard Lauf von Lukas Miribung und der sollte von seiner Länge her signifikant für das Laufspiel im gesamten Verlauf sein – der zweite Rush war für 0 Yards. Am Boden gab es wenig bis nichts zu holen. Erik Håkansson holte Philipp Jobstmann von den Beinen, so war der erste Auftritt der Offense ein ganz kurzer. Aber auch die Schweden hatten gegen die Defense der Österreicher nichts zu bestellen. Nach drei Versuchen waren sie bei 4th & 12 angelangt.
In der Tonart ging es weiter, erwähnenswert dabei schon Pässe über 8 Yards (Joe Widner), kein First Down für Österreich im gesamten ersten Viertel. Auf der anderen, schwedischen Seite, gingen die Pässe zunächst auch über Distanzen die man mit einem Lineal abmessen kann, Endstation bei Screenpässen hieß z. B. Gregor Kodella und Schwedens QB, so wie fast jeder Ballträger schloss Bekanntschaft mit Michael Werosta, der eine herausragende Leistung zeigte. Allerdings verursachte der Linebacker auch gesamt 33 Yards an Strafen (und nicht wie zunächst falsch kolporiert "nur" 15).
Mean Machines Star Runningback David Johnsson brach den Bann als erster. Nach einem Lauf über rund 15 Yards hieß es zum ersten Mal First Down SWE. Gefährlicher wurde es aber hüben wie drüben nicht, denn Jobstmann bekam entweder nur wenig Zeit von seiner O-Line, oder Mirbung verlief sich im Dickicht des Elchenwaldes, so die Auftritte der Offense immer kürzer wurden – die drei Versuche gingen sich dann locker schon während eines Christl Stürmer Liedchens aus. Das Risiko beim vierten Versuch den Punt zu faken machte sich nicht bezahlt, denn die Gäste rochen den Braten – Turnover on downs. Das war gleichzeitig auch das erster Viertel, welches auf Grund der Defensivleistungen doch sehr ansehnlich war. Ein hauchdünner Vorteil der Weitgereisten durch das erzielte First Down – alles noch ohne Aussagekraft.
Das zweite Viertel, ein eineiiger Zwilling des Vorangegangenen, bis zur 2 Minute Warning. Davor ein First Downs durch Oscar Dahlman, David Johnsson, Johan Ingerman und Hampus Persson, so wie ein missglückter Fieldgoalversuch der Schweden untermauerten die leichten Vorteile der Spielanteile in der Offensive seitens der Gäste, denn weiter sah man lediglich Zeitrafferkurzbesuche der heimischen Offensive am Feld. Immer wieder stand die rot-weiß-rote Defense am Feld. Jobstmann und Miribung nahmen auf der Bank Platz, Mario Nerad und Andreas Diwald kamen. Ein Spieler der Kirchdorf Wildcats verließ also das Feld und zwei betraten dieses erstmals für Österreich. Diwalds Erfahrung blieb eine kurze, bereits im ersten Drive wurde er gesackt, Nerads Läufe brachten so viel ein wie jene von Miribung, daher war man ganz rasch bei 4th & 14 angelangt. Retter in diesen finstern Stunden der Offense – Michael Werosta. Er nahm sich zuerst gemeinsam mit Michael Süß QB CJ Haraldsson zur Brust und danach den Ball in die Hand. Wahrlich Großtaten – Werosta ist 32, hoffentlich halten Antioxidantien ihn noch lange frisch.
Unverhoffte Führung
0:0 bei der 2 Minute Warning und als sei dies ein Weckruf gewesen, schlug die österreichische Defense plötzlich zu. Lange kroch der zahnlose Hai am Grund herum, bis er nach oben schnellte und den schwedischen Surfer beim Schenkel packte. Lukas Miribung lief zum ersten First Down für Österreich – nach 22 Minuten reiner Spielzeit! Weil es so schön war folgte danach sofort das zweite (Joe Widner) und als stehe plötzlich ein anderes Team am Feld, warf Philipp Jobstmann über 26 Yards in die Endzone! Christian Steffani erzielte mit einem akrobatischen Catch die ersten Punkte im Spiel. 7:0 (PAT, Peter Kramberger good). Die glückliche Führung zur Halbzeit.
Wenig Neues in Hälfte zwei. Das Spiel blieb weiter in der Hand der verteidigenden Formationen. Beide Teams gingen mit ihrer Offense jeweils 3 & out, die Gäste standen dabei stets länger mit ihrem Angriff am Feld. Christian Steffani besorgte ein First Down für zwischendurch, ein Late Hit (Penalty) und der Vorarlberger war danach nicht mehr ganz fit. Der große Raumgewinn brachte schlussendlich nichts ein, das Playcalling von Offense Coordinator Shawn Olson (bei 3rd& 8 ein Screen auf Joe Widner, der danach verletzt ausscheiden musste, zum 4th & 8) fragwürdig. Die Defense hielt ihr Versprechen der ersten Hälfte auch in der zweiten ein. Mario Rinner mit dem nächsten Sack (Fumble), Florian Grünsteidl holte den Ball in aussichtsreicher Position zurück. Erneut schlug die Offense wie aus dem Nichts zu. Philipp Jobstmann ging mit einem Sneak selbst aber nur vermeintlich in die Endzone der nicht nur überraschten, sondern auch protestierenden Schweden. Der Spielmacher sei nicht in der Endzone angelangt mit dem Ball meinten die Schweden – die heimischen Refs entschieden jedoch auf Touchdown – 14:0 (PAT good, Peter Kramberger).
Philipp Jobstmann nach dem Spiel kurz, trocken und erfrischend ehrlich: ‚Kein Touchdown – ich war nicht in der Endzone mit dem Ball. Die Schiedsrichter sahen das aber anders.‘
Die rund 2000 Zuschauer im Wolfsberger Stadion feierten den Führungsausbau schon fast wie den Sieg, ein mulmiges Gefühl blieb aber. Die Gäste machten trotz zweier Scores Rückstand in der Offensive gesamt einfach die bessere Figur. Werosta war zwar weiterhin mit Sacks zur Stelle, die Defense ab nun aber beinahe im Dauereinsatz.
Glücklicher Anschluss
Ein 40 Yard Fieldgoal der Skandinavier durch Jens Alvernik (der Ball ging an die Querlatte des Fußballtores – von dieser nach hinten rüber) war gut. Bei einem Footballtor wäre der Versuch natürlich gescheitert, denn da ist die Querstange etwas höher montiert. 14:3 – noch war alles im grünen Bereich bei den Rotweißroten, doch die Blaugelben nahmen Fahrt auf. First Down durch Hampus Persson, die Seiten wurden ein letztes Mal gewechselt.
Österreichs Defense, Dauergast am Feld, konnte nicht mehr so dagegenhalten wie die ersten drei zuvor, so war es nur eine Frage der Zeit bis die Gäste auch zu mehr als nur einem Fieldgoal kommen würden. Doch noch einmal zeigte die D was sie am Kasten hat. Der nächste Tackle inklusive Fumble und Recover (dieses Mal Philipp Grassegger) brachte wieder ein Turnover, die Offense kam, probierte und ging gleich wieder vom Feld. Eine Katastrophe für die Verteidiger. Kaum nahmen sie in der Team Area Platz, mussten sie schon wieder rein. Schweden etablierte ein Passspiel, welches Österreich nicht mehr in den Griff bekommen sollte. Oscar Dahlman, Hampus Persson, Johan Ingerman (im vierten Versuch) erzielten First Downs, Quarterback CJ Haraldsson ließ einen Sneak zur 1 Yard Linie folgen und nach einigen Mühen ging man im dritten Versuch über die Goalline – 14:9 (PAT good)
Die Entscheidung Sekunden vor Schluss
Die Schweden, während drei Viertel leicht überlegen, waren im letzten Spielabschnitt die deutlich bessere Mannschaft. Christoph Kranz und Lukas Miribung konnten zwar noch First Downs erzielen, doch auf dem Weg Richtung schwedische Endzone unterlief der Neo-Wildkatze Miribung ein folgenschwerer Fehler. Er verlor den Ball im Lauf, die Schweden bekamen dadurch kurz nach der 2 Minute Warning die Chance das Match für sich zu entscheiden. Und sie nutzten sie auch. Es ging ganz flott über lange Pässe auf die üblichen Verdächtigen – Johan Ingerman, Hampus Persson, dazwischen eine 15 Yard Strafe, wieder Ingerman und plötzlich standen die Schweden an der österreichischen 12 Yard Markierung. Die Secondary nicht mehr am Posten, konnte den Passrouten der Receiver nicht mehr folgen und so sah es ganz locker aus als Johan Ingerman den Touchdown Pass von CJ Haraldsson zum 14:15 und damit zur erstmaligen Führung für Schweden fing. Die Stille im Stadion hielt an, als Hampus Persson auch noch eine 2 Point Conversion fing (14:17) und wandelte sich in entsetztes Schweigen um als Armando Ponce de Leon beim Kickoff Return der Schweden mit dem Ball in die Endzone lief und zu Boden gebracht wurde, bevor er aus dieser wieder herauslaufen konnte. Leider ein Anfängerfehler, anders war dieser Safety (Philip Minja) nicht zu erklären. Ein Ende mit Schrecken, aber nicht ganz unerwartet dem Spielverlauf nach – 14:19.
Fazit
Der Europameister, der Weltmeister werden will nimmt verdient und mit Recht einen Sieg mit nach Hause, der durchaus auch höher ausfallen hätte können. Die Scores der Österreicher entstanden durch ein Big Play und ein Turnover der Defense tief in der schwedischen Hälfte. Sie gehören eigentlich Herrn Zufall und der Verteidigung, wobei der zweite TD gar nicht zu geben gewesen wäre – ansonsten war offensiv vom Team Austria nur sehr wenig zu sehen.
Um Klassen stärker dafür unsere Verteidigung, die fulminant und ganz sicher auch auf höchstem europäischem Level gespielt hat. Die Schweden waren beeindruckt, ihr Headcoach wird ‚alles Geld der Welt auf Österreich setzten‘ bei der C-EM im kommenden Jahr, sahen den Erfolg für sich ebenso gerechtfertigt an wie unser Team, welches stets fair blieb und auch in der Stunde einer bitteren Niederlage, weil so kurz vor dem Erfolg passiert, Größe zeigte. Kein Jammern, kein Raunzen, kein Hätti-Wari-Tätti, kaum Ausreden, auch wenn gute vorhanden wären.
Denn was man in Wolfsberg sah war noch nicht die ganze Wahrheit. Es fehlten Stützen en Masse: Mario Floredo, Roman Floredo, Florian Grein, Martin Grassegger, Gregor Pachmann, Johannes Bintinger, Markus Zehnal, (lieber US Urlaub – noch immer undisputed?), Christoph Steirer, Mark Falger und einen Tag vor dem Spiel erlitt Ralph Pointner einen Rippenbruch. Der 27-jährige Wiener, dessen sonniges Lachen einem ansonsten den Tag versüßt, saß vor dem Match mit versteinerter Miene und sehr traurig auf der Bank. Was war passiert? Beim kontaktlosen Training schoss ihm Giants Mann Roberto Suarez ab. Pointer war ihm zwar nicht offen böse, merkte aber an: ‚Irgendwas dürfte Suarez bei der Ansage der Coaches kontaktlos dann doch missverstanden haben, denn sonst wäre meine neunte Rippe jetzt nicht durch…‘ Nächstes Jahr will er unbedingt aber von Beginn an dabei sein. Im Spiel verletzten sich noch Christian Steffani und Joe Widner.
Trotz, oder genau wegen der vielen Ausfälle, muss das Team Austria danach trachten eine Tiefe in den Kader zu bekommen. Die Position des Quarterbacks ist zudem problematisch – Philipp Jobstmann erreichte am Papier mehr als man erwarten konnte, ob er der Typ ist, der ein Team in der Offensive führen kann? Warten wir mal ab.
Stimmen nach dem Spiel
NT Manager Karl Wurm:
‚Siegen ist nicht alles – es ist das einzige. Wir hatten uns ein Ziel gesetzt und nicht erreicht. Daher bin ich auch enttäuscht. Das Positive muss man aber mitnehmen. Wir waren defensiv sehr stark und wissen jetzt woran das Team noch arbeiten muss.‘
Ähnlich sah das Headcoach Bernhard Binstorfer:
‚Das war ein guter Gradmesser für uns. Wir wissen nun genau wo wir uns verbessern müssen. Die Schweden waren der erwartet starke Gegner. Ich bin stolz auf mein Team, dass es mit dem Europameister mithalten konnte. Wir werden noch stärker werden.‘
Schweden Headcoach B.D. Kennedy:
‚Ein glücklicher, aber verdienter Sieg für uns. Österreich hat eine sehr starke Mannschaft und wird die C-EM dominieren. Ich würde mein ganzes Vermögen darauf verwetten, dass sie diese Gruppe gewinnen werden. Entscheidend war, dass wir ihre Offense immer schnell vom Feld bringen konnten und dadurch bei der starken Defense im Spielverlauf die Kräfte nachließen. Das konnten wir ausnutzen – spät, aber doch. Wir wollen jetzt Weltmeister werden.‘
Schweden QB CJ Haraldsson:
‚So böse verhauen wurde ich bislang nur selten (lacht). Unser Laufspiel wurde im Keim erstickt, zum Glück funktionierte unser Passspiel – damit haben wir das Spiel gekippt. Wir haben ein tolles Team und bis zum Ende gekämpft. Ich denke der Sieg geht in Ordnung. Österreich ist sehr stark, mindestens so ein harter Gegner wie Deutschland.‘
Zufrieden mit der Veranstaltung war Hausherr Manfred Mocher:
‚Grundsätzlich bin ich mit der Veranstaltung sehr zufrieden, denn wir haben geigt, dass wir es können. Es müssen sich noch sehr viele Dinge in der Organisation ändern. Was für uns wichtig war: Es ist gelungen American Football bei Opinion Leadern zu etablieren, die alle begeistert waren von der Veranstaltung. Wir hatten gut 2000 Zuschauer im Stadion, von denen sehr viele vorher noch nie auf einem Footballspiel waren. Kärnten ist nicht Wien – das ist also eine neue Erfahrung für viele gewesen, eine gute wie ich meine. Jetzt müssen wir schauen was die Zukunft im Kärntner Football bringt. Ein Hinweis, mit Absicht sage ich das extra dazu: Alle Kärntner die heute zuschauen waren, im speziellen Funktionäre, Spieler, Ex-Funktionäre und Ex-Spieler, sollen jetzt sagen ob sie den Weg mit den Kärntnern gemeinsam gehen wollen oder nicht.‘
Länderspiel
Österreich vs. Schweden 14:19
(0:0/7:0/7:3/0:16)
08. Oktober 06 | 15:00
Sportstadion, Wolfsberg
Referees: König / Müllner / Fritz / Bremser / Lair
Die klare Sprache der Statistik
Nüchtern wird man beim Studium der Statistiken. Diese weisen die Schweden als das offensiv klar überlegene Team im Spiel aus. 9 zu 21 First Downs, 128 zu 315 totale Offensive Yards, davon 80 zu 229 Passing Yards. Lukas Miribung erzielte in 13 Versuchen 43 Netto Yards Rushing (Schnitt 3.3) und war als designierter Rusher noch der mit Abstand beste. Die anderen im Einsatz befindlichen Runningbacks? Gerade Mario Nerad (7/17/2.3) befindet sich noch diesseits der Erwähnungswürdigkeitsgrenze – der Rest ist Schweigen.