Der selbst sich derzeit noch verhalten bis leicht zugeknöpft gibt, aber nicht verheimlichen mag, daß hinter den Kulissen fleißig an den „Giants Neu“ gearbeitet wird. Fix sind bereits die Giants II, welche im Frühjahr erste Freundschaftsmatches bestreiten werden. 2007 will man in der Division 2 einsteigen. Im Forum ist die Rede von „helfenden Händen“, von „neuen Sponsoren“ und einer Aufbruchsstimmung wie sie seit Jahren nicht mehr zu spüren war. Es tut sich was in Graz. Aber was genau tut sich dort? Vor allem wer tut dort was, warum, wieso, wofür und wohin soll die Reise gehen, außer zu neuen Ufern? Football-Austria.com hat recherchiert.
Der schlafende Riese
So nannten wir Österreichs ältesten bestehenden Footballverein in Vergangenheit. Die Bezeichnung scheint heute passender als je zuvor. Der Gigant räkelt sich und steht offensichtlich zu seinem 25-jährigen Jubiläum im kommenden Jahr kurz vor seinem Wiedererwachen. Die Österreicher sind bekanntlich ein Volk, das voll Zuversicht auf seine glorreiche Vergangenheit blickt. Kein anderer Football Verein konnte das besser als die Grazer. Gemeinsam mit den Ramblocks sind sie die Pioniere des heimischen Footballs, betraten sie das Neuland mit dem Ei bereits im Jahre1981 A.D. Damals waren viele unserer Leser noch gar nicht geboren. Aber selbst neun Staatsmeistertitel konnten zuletzt nicht mehr kaschieren, daß die steirische Mark in Sachen Football über Jahre der Fäulnis ausgesetzt war. Der Absturz begann im Jahre 1999 und hängt mittelbar mit dem Aufstieg der Vikings und der Etablierung ihrer Dynastie zusammen. Damals in Rannersdorf (1999), als man in der Austrian Bowl XV mit 37-35 den Titel an die Wiener verlor, hätten die Alarmglocken schrillen können. Müssen hätten Sie es spätestens 2000 als man nicht nur die Wiener, sondern auch die Innsbrucker erstmals an sich vorbeiziehen lassen mußte. 2001 wurde man ganz oben auch nicht entdeckt, doch kein Mensch war da der die Sirene bedienen konnte (oder wollte), denn bereits 2002 und 2003 stand man ja wieder im Finale. Ein Täuschung, denn gewinnen konnte man gegen die Vikings freilich nichts mehr, aber man war noch irgendwie dabei und das reichte zumindest dazu um sich selbst zu beruhigen. Zu belügen, denn danach wurde der Mangel an Konzeption ganz offensichtlich.
Finsteres Doppeljahr
2004 und 2005 ging es dann steil bergab. Als bereits klar war, daß die Nummer 1 nicht mehr gigantisch sondern purple ist, befanden sich in ihrem Windschatten schon die Raiders, welche keine Probleme mehr hatten die Giants fix zu überholen. Man gab sich mit „Bronze“ zufrieden. Im darauffolgenden Jahr ging es wieder ein Schritt runter. Als Nummer 3 „gesetzt“, konnte man im Endspurt gerade noch den vierten Rang behaupten. Auch die Blue-Devils aus Hohenems hielten auf ein Mal den Riesen in Eggenberg in Schach. Siege über desolate Dragons und gegen bereits ausgelaugte US-Falcons aus Kärnten sollten das Bild nimmer gerade rücken können, denn zu Beginn der Saison wären sie auch den Legionären aus Klagenfurt ein williges Opfer gewesen. Also hieß es dann doch noch: Graz, we have a BIG problem!
Der Zahn und die Zeichen der Zeit
Lange hat es gedauert bis man zur Erkenntnis gelangte, daß es so nicht weitergehen kann. 2004 hat man auf Kritik in diese Richtung noch mit der Eitelkeit eines Rekordmeisters reagiert, heute zeigt man sich bußfertig, lernwillig und ausbaufähig. Nichts kann spannender sein, wie wenn ein ehemaliger Champion, der sich sang- und klanglos zum Mitläufer degradieren ließ, seiner ureigensten Stärken besinnt. Der Innovation, der Community und die Fähigkeit sich stets neu zu erfinden, dann wenn es nötig ist. Um einen weiteren Vergleich anzubringen: Die Giants sind wie ein Haufen verrosteter Schrott. Reibt man aber einmal am Material, dann blinkt und glänzt es nach der Korrosion. Herr Kapitän, wir sitzen ja auf einem blauen Goldschatz! In der Tat nahm man genau auf jenem gemütlich Platz in der Hoffnung entdeckt zu werden (?) in den Untiefen einer See, wo Wien bereits sein Archipel kolonialisierte, Innsbrucker Piraten die schönste Bucht annektierten und Hohenems die Probebohrungen mit Erfolg abschließen konnten. Man selbst saß immer noch fest auf Grund, auch dann noch als man auf der Carinthia „Land in Sicht“ rief, weil auf dem dragonischen Donaudampfer hieß es zum Glück eh noch „Männer über Board!“. Kein Grund zur Aufregung also, aber auch kein Ruhmesblatt nur noch deshalb zu leben weil andere dahinvegetieren. Richtung zweiter Liga, wie man heute weiß. Wer hat also noch ein Ticket für die Business Class?
Problemfall Eggenberg
Mit dem sportlichen Niedergang ging auch das Zuschauerinteresse merkbar zurück. Die Gamedays im Heimstadion vor dem Schloß Eggenberg wirkten im Vergleich zu anderen Teams der AFL alles andere als inspiriert und inszeniert. Man ließ es halt irgendwie laufen und lief dabei Gefahr auch am Eventsektor sich dem Niveau der Division I anzunähern, wo manche Vereine die Notwendigkeit auch eine inszenierte Show bieten zu müssen um Zuschauer anzuziehen, weit früher als die Altvorderen entdeckt haben. Doch eine Überraschung. Erste Ansätze und in Teilbereichen Abhilfe schaffte im Vorjahr der neue Fanclub, der dem grauen Spieltag wieder Farbe verlieh und sich auch akustisch bemerkbar machte. Natürlich konnte das an der sportlichen Misere nichts ändern, wie auch die Bewirtung der Besucher weiter zu wünschen übrigen ließ. Der Kantinenbetreiber nimmt die Footballer und ihre Matches zwar zur Kenntnis, mehr als aber nicht komplett ignoriert wird man aber heute noch nicht. Da man weiter in diesem Stadion die Heimspiele austragen wird, wird eine engere Zusammenarbeit mit dem hiesigen Wirt möglich gemacht werden müssen, oder man sucht nach einer Alternative. Es ist das eine die Leute wieder ins Stadion zu locken, aber das Andere sie nicht gleich wieder zu vertreiben.
Nach dem Schrecken ohne Ende dürfte der Schrecken nun sein Ende haben. Es gibt mehr als nur ein Indiz dafür, daß sich die Giants am eigenen Schopf aus der Misere ziehen werden, und sind wir uns mal ehrlich: niemand anderer könnte und würde das tun. Wobei der Wille Dritter schon da gewesen wäre, aber die Aufrichtigkeit von diesen Bemühungen durfte stets hinterfragt und dargebracht selbstlose Hilfe konsequenter Weise verweigert werden (im Guten wie im weniger Guten). Daß sie diese seidene Schnur zu jeder Zeit verweigert haben, ist den Giants hoch anzurechnen. Kein Smart Up Programm war ihnen gut genug, kein „wie mach ich einen erfolgreichen Footballverein in 3 Schritten“ Programm wurde angenommen. Das die guten Seiten der Voreingenommenheit, denn nichts würde der österreichische Football mehr als einen Kropf brauchen, als ein verlangsamtes Vikings Pedant in Blaugold. Das gibt es schließlich schon in Klosterneuburg, bzw. gab es, denn auch dort hat man zuletzt starke Zweifel an den Motiven mancher Unterstützungsbekundungen hinter vorgehaltener Hand bemurmelt. Ehrlichkeit ist zwar eine Tugend, aber daß man ohne Bauernschlauheit Gefahr läuft in einen wurmigen Apfel zu beißen, hat sich nun auch bis ins Happyland rumgesprochen. Eher zufällig, weil von Voreingenommenheit geprägt, ist man dieser Zäsur also relativ elegant entgangen. Der einzig positive Nebeneffekt des steirischen Eskapismus. Alles andere war aber leider ein veritabler Schuß in des Riesen Knie, weil Verweigerung immer auch das Selbstfallen beinhaltet.
Wer holt die Oma aus dem Koma?
Gar lustig der Reim und die Fragestellung, noch viel amüsanter die Zusatzfragen. Ist es der neue General Manager? Ist es der neue Vorstand? Ist es der vernachlässigte siebenten Zwerg von links, der den Riesen auf seine müden Beine hilft? Jein, denn weder diese alleine, noch wer anderer ohne den vorher Genannten könnte das bewerkstelligen. Sehen wir uns mal die Gegebenheiten an.
Der neue Präsident Ing. Gerhard Grassgegger ist als solcher in der Position gut aufgehoben, da mit Charisma und einem Netzwerk ausgestattet, welches ein ebensolcher braucht. Angelo Barsuglia, ehemaliger Spieler und an sich zuständig für Marketing, hat seine Agenden zum Teil abgetreten, spielt aber immer noch eine wesentliche Rolle. Stefan Schubert, der General Manager, ist der direkte Nachfolger von Mike Daum und versucht derzeit Strukturen zu schaffen, wo danach nicht er mehr alleine den „Hut aufhat“. Nicht im Vorstand ist Christian Vogrinec, ebenfalls ein Ex-Spieler, einer der Mitbegründer der Longorns und gemeinsam mit Charmaine Tina Vökt Erfinder der G-Freakzzz, des Fanclubs. Der Einfluß der Freakzzzz auf den Verein wird von selbigen sicher nicht bestätigt werden wollen, aber ist tatsächlich vorhanden. Vogrinec übt regelmäßig Druck in Form von Kritik in seinem Forum aus, gibt sich dabei meist konstruktiv und als Häuptling eines Stammes, welcher auch selbst Hand anlegt. So sind auch seine Aufrufe zum Aufbruch Richtung neuer Ufer zu verstehen, wenn auch manche davon als Auftragsarbeiten zu betrachten sind. Einiges von dem was im Forum der G-Freakzzz zuletzt zu lesen war, gehört wohl zu einer bewußten Inszenierung. Wobei gespielt nicht mit vorgespielt verwechselt werden darf. In der Tat bedarf es einer Fraktion von Willigen und nicht alleine dem Engagement Einzelner.
Neu ist eine Gruppe von Menschen, welche wir mal geheimnisvoll „das Konsortium“ nennen wollen. Die Herren legen auch keinen besonderen Wert darauf namentlich genannt zu werden, aber sie leben. Gut sogar. Ehemals Spieler, heute Vorstände in Konzernen, Filmproduzenten und Manager in Investmentfirmen. Gemeinsam haben sie eines. Sie waren in einem Team und haben heute – sagen wir es mal so – ein schlechtes Gewissen angesichts der Not in der sich die Giants befinden. Wobei das nicht ganz stimmt, denn die Triebfeder sitzt viel tiefer. Eine ganze Generation von Spielern ist den Giants unlängst mal „verloren gegangen“. Anders wie bei den Raiders und Vikings, wo sich diese als Manager, Coaches oder Funktionäre eingebracht haben, waren diese in Graz nach ihrer aktiven Karriere verschollen. Viele haben Karriere gemacht, nur ein paar gehen am Stock, die meisten stehen heute als gut situiert da. Wie man das so schön sagt. Die Grazer hatten früher mal den zweifelhaften Ruf, daß keiner ohne Matura ein Leiberl bekäme. Das ist wohl ein Märchen, aber einer der ehemaligen Maturanten führte seinen späteren beruflichen Erfolg (so vermuten wir mal) auch auf die Lehrjahre im Verein zurück. So er sich heute moralisch dazu verpflichtet sieht diesem zu alter Stärke zu verhelfen. Wie macht man das? Stichwort: Networking. Der Herr erkannte schnell, daß viele ehemalige Spieler im Umfeld die Nase rümpfen ob des Zustands ihres ehemaligen Footballvereins, aber selbst dagegen nichts unternehmen und schritt zur Tat. Ganz locker fand sich so ein neuer Hauptsponsor, die Wegwerffaltschachtel gehört ab Jänner der Vergangenheit an (näheres demnächst), ungeahnte Werbemöglichkeiten tun sich auf (folgt ebefnalls demnächst) und plötzlich hat man ein Budget, womit man sich zwar noch nicht mit den Granden der AFL messen kann, aber zweifelsfrei auch nicht mittellos, weil weit besser als zuvor dasteht. Das alles ganz umsonst und nur weil einer sagt ich mach es? Nein!
Nur Erfolg macht sexy
Das ganze Geld ist nicht nur an einen Zweck, sondern auch an Erfolg gebunden. Erfolg in zweierlei Hinsicht. Man knüpft das an Bedingungen. Zwar ist Verlieren im Jahr 2006 noch immer erlaubt (die Austrian Bowl ist noch ein Fernziel), aber Verlieren ist auch eine Frage des Stils. Verliert man gegen eine Mörder Mannschaft und ist man selbst noch nicht der Killer, dann hat das alles seinen Sinn. Verliert man sang- und klanglos gegen eine Mittelklassetruppe, dann wird man sich das noch mal überlegen. Man traut sich selbst zu, sportliche Leistungen beurteilen zu können, spielten doch alle zu ihrer Zeit aktiv Football.
Das Thema Imports ist ein heikles, aber auch dazu gibt es relativ klare Antworten. Mehr als zuletzt (wir vermuten 6), dafür bessere US Spieler – so die Vorgabe. Die Legionäre des Vorjahrs sieht man mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nächstes Jahr nicht mehr in Graz. Die „Neuen“ sind noch offen. Hier haben andere das Sagen, das „Konsortium“ zieht sich lediglich auf die Position „mehr und besser“ zurück. Generell will man sich aber an das Abkommen für 2007 – 6 Imports am Roster, 3 am Feld – bereits 2006 halten. Für die kommenden Jahre kann man sich eine Reduktion auf 4 Import Spieler vorstellen, denn man sieht sich in erster Linie als Förderer des österreichischen Footballs, wo auch österreichische Spieler die Hauptrollen übernehmen sollen. Das kein Dogma, aber Philosophie.
So zwei Bedingung von mehreren, die nicht ganz so meßbar sind wie andere. Ein Ziel ist jedoch klarer: Man will am Ende der Saison 2006 100% mehr aktive Spieler im Verein haben als 2005. Klar definiert und laut deren das Wichtigste von allen. Hier werden alle Hand anlegen müssen, denn das Ziel ist schwierig, aber realistisch. Ganz allgemein erhofft man sich, dass „Ruhe“ im Verein einkehrt. Auch wenn man derzeit Inhalte bewußt nach außen transportiert, sollte sich das im Laufe der Zeit wieder beruhigen. Man wird von allen aktive Mitarbeit, aber nicht Kadavergehorsam einfordern, konstruktive Beiträge werden erwartet und Diskussionen will man fürderhin nicht mehr öffentlich, sondern intern führen.
St. Pölten oder Berlin?
Die Frage dürfen sich alle stellen, welche den Giants nahestehen, nicht nur der Verein selbst. Letzte Ausfahrt AFL und Europa! Sollten es die Giants 2006 nicht mehr schaffen ein ernstzunehmender Player in der höchsten Liga zu werden, dann ist ein noch tieferer Fall so logisch wie vorprogrammiert. Division I stand am Grabstein. Was wollen die neuen Herren? Zusammenarbeit, inhaltliche Weiterentwicklung und am Ende sportlichen Erfolg. Für den wirtschaftlichen haben sie selbst vorläufig vorgesorgt. VORLÄUFIG, denn sind zwar außergewöhnliche PR Aktionen geplant, aber für den Gameday, der dort mehr als mühsam ist, wird man noch immer selbst sorgen müssen. Event oder wieder nur ein Match? 2006 soll alles besser werden.
Keine Garantie
Die Giants haben damit also keinen Garantieticket für ein erfolgreiches Weiterbestehen gelöst, aber nun tatsächlich das Werkzeug in den Händen um die Maschine wieder zum Laufen zu bringen. Es wird alles davon abhängen wie lange die Bleistifte gespitzt bleiben und wie stark die Solidarität tatsächlich ist. Packen wirklich alle mit an, dann könnte es sogar eine leichte Übung werden, handelt es sich bei den Bekenntnissen die man heute von vielen hört jedoch nur um jene von der Lippe, dann wird man die Probleme nicht nur nicht lösen können, sondern sie werden noch weit größer werden. Es liegt tatsächlich in ihren Händen jetzt auf den Zug aufzuspringen. Die Menschen dahinter und ihre Absichten sind seriös, die Vorderfront jubiliert bereits, doch noch ist die Sache nur angedacht und nicht getan. Das kommende Jahr wird bereits zeigen ob man 2007 sagen kann: In Graz hat sich was getan, oder man doch beim Konjunktiv hätte bleiben muß. Aufbruch jetzt oder nie!
Football-Austria.com wird demnächst den neuen Hauptsponsor der Graz Giants bekannt geben. Details über die PR-Maßnahmen im kommenden Jahr folgen zu gegebener Zeit.
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